Autor*innen 2025

Ulrike Draesner (Deutschland); Yannic Han Biao Federer (Deutschland); Eric Goulden/Wreckless Eric (Großbritannien); Durs Grünbein (Deutschland); Johan Harstad (Norwegen); Franz Hohler (Schweiz); Viktor Jerofejew (Russland/Deutschland); Mieko Kawakami (Japan); Marco Kerler (Deutschland); Hanspeter Düsi Künzler (Schweiz); Dacia Maraini (Italien); Matthias Schönweger (Italien); Stephan Tikatsch (Österreich); Erika Wimmer Mazohl (Österreich)


Ulrike Draesner

lebt in Berlin

Ulrike Draesner ©Jürgen Bauer
Ulrike Draesner ©Jürgen Bauer

«Das nachhängend Gewaltsame der Gewalt war, dass sie nicht erlaubte, Geschichten zu Ende zu erzählen.» Das las man in ­Ulrike Draesners Psychotraumata-Roman «Die Verwandelten». In einem Interview sagte sie, dass die Bedeutung der Vergangenheit davon abhänge, «welche Fragen wir ihr stellen und wen wir sprechen lassen. Ihr Spiegel zeigt mir, wer ich sein möchte, wer ich sein kann, wie ich verstehen kann, was Verletzung und Heilung bedeuten.» Einer der schönsten Sätze in ihrem sechshundertseitigen Epos über Flucht und Familie, Wurzeln, An­kommen, Gegenwart und Generationsfolge lautete: «Was ist das Unsichtbarste an einer Frau? Ihre Kraft.»
Auktoriale Kraft hat Ulrike Draesner für zwei, nein: für drei, nein: für zig. Das zeigt ihre imposante Werkliste mit hinreißenden Titeln, etwa «Reisen unter den Augenlidern» oder «kugelblitz» oder «Sieben Sprünge vom Rand der Welt». Oder: «Dogger­land», ein gelehrt-geschmeidiges Langpoem über ein Nowhere Land vor 10000 Jahren, in dem sich Neandertaler und Bewusstsein, Fließendes und die Geierknochenflöte, Flussdelta und Kiefern ein Stelldichein geben und wo Sprache entsteht. Noch herausfordernder: Wie findet man Sprache für die Liebe zur Tochter? Antwort: indem man «zu lieben» schreibt. Und noch herausfordernder: Wie lässt sich die «Odyssee», Homers so ­vieles überstrahlende Ur-Erzählung, ‹überschreiben›, wenn man dabei so klug, so literarisch gewitzt und so gebildet (als Dozentin in München, Professorin in Oxford und seit 2018 in Leipzig) vorgeht wie Ulrike Draesner?     

AK

 

auftritte

12/09/2025    16:00    Vitus & Urban
13/09/2025    15:00    Kulturquartier Theater

Werke: «penelopes sch( )iff. postepos» 2025; «zu lieben» 2024; «Die Verwandelten» Roman 2023; «hell & hörig. Gedichte 1995–2020» 2022; «doggerland. Gedicht» 2021; alle Penguin Verlag    www.draesner.de

 



Yannic Han Biao Federer

Lebt in Köln

Federer © Heike Steinweg
Federer © Heike Steinweg

Er erzählt in seinem Roman «Tao» eine vielschichtige Familien-geschichte, die von Vietnam über Paris bis nach Deutschland reicht – und zugleich ein Nachdenken über Herkunft, Erinnerung und das Erzählen selbst ist. Im Zentrum steht die Figur des Onkels Tao, der als junger Mann vor dem Krieg aus Vietnam floh und als einer der sogenannten Boat People in Westdeutschland ankam. Aus Fragmenten, Fotos, Sprachschnipseln und Erinnerungsversuchen entsteht eine narrative Annäherung an einen Menschen, der vieles hinter sich lassen musste und über den doch so wenig festzuhalten ist.
Sein Schreiben bewegt sich dabei zwischen autobiografischer Spurensuche und literarischer Fiktion. Mit großer sprachlicher Sorgfalt verwebt er persönliche Fragen nach Zugehörigkeit und Migration mit einer poetischen Reflexion über die Brüche unserer Gegenwart. 
Auch sein früherer Roman «Und alles wie aus Pappmaché» zeigt einen Autor, der unsere Gegenwart scharfsinnig beobachtet und die Möglichkeiten der Sprache ausreizt. Eine literarische Stimme, die Übergänge lesbar macht: zwischen Ost und West, Vergangenheit und Gegenwart, Wirklichkeit und Imagination. Erleben Sie ihn beim diesjährigen Sprachsalz-Festival; im Gepäck hat er sein 2025 erschienenes Buch «Für immer seh ich dich wieder», ein autobiografisches Memoir über den Verlust seines ungeborenen Sohnes Gustav Tian Ming.           

                     
HDH

auftritte

12/09/2025    15:00    Kulturquartier Theater
13/09/2025    16:00    Kulturquartier Theater

Werke: «Asiawochen» Theaterstück 2025; «Für immer seh ich dich wieder» Roman 2025; «Tao» Roman 2022; «Und alles wie aus Pappmaché» Roman 2019, alle Suhrkamp Verlag
www.yannichanbiaofederer.de



Eric Goulden/Wreckless Eric

lebt in Norfolk/Großbritannien

Eric_wreckless ©Amelia Rigby
Eric_wreckless ©Amelia Rigby

Die Memoiren von Wreckless Eric – alias Eric Goulden – enden mit dem besten Satz, mit dem je ein Buch endete: «Ich war mir nicht sicher, wie ich aufhören sollte, aber jemand sagte zu mir: du musst einfach stoppen.» Eine Mischung aus weisem Witz, listigem Humor und widerborstiger Exzentrik, so war der «leichtsinnige Erich» schon immer. Als Beispiel sei sein erstes Lied zitiert, das auf Vinyl gepresst wurde. Es heißt «Whole Wide World»: «When I was a young boy my mama said to me, there’s only one girl in the world for you and she probably lives in Tahiti …». Eric war neunzehn Jahre jung, Kunststudent im nordenglischen Hull, als er es in einer rauschenden Liebeskrise aus dem Ärmel schüttelte und mit Nieselregenstimme dem antiquierten Tonbandgerät anvertraute. Der Song trug ihm ein anfangs sonniges, später arg verregnetes Plätzchen an der Seite von Elvis Costello, Ian Dury und Nick Lowe auf dem Punk-Label Stiff Records ein. 
Verheizt, pleite und – seit ein paar Wochen – dem Alkohol ab-geschworen: soweit die Situation am Ende von «A Dysfunctional Success – The Wreckless Eric Manual (Written By The Author)», einem Buch, das wie kein anderes die Leiden, Freuden und Karambolagen eines Musikanten schildert, der zu gut ist für diese bittere Welt. «Whole Wide World» taucht heutzutage auf den Soundtracks von Hollywood-Streifen auf. Und seit der letzten Buchseite hat Eric rund ein Dutzend gloriose Alben veröffentlicht, allesamt randvoll gefüllt mit bitter-süßen Ohrwürmern und jeder einzelne davon eine bunt-gewitzte Geschichte für sich.                   

 

HPDK

auftritte

12/09/2025    21.00   Kulturquartier Theater
13/09/2025    14:00    Vitus & Urban

Werke: «A Dysfunctional Success – The Wreckless Eric Manual» Autobiografie 2024 Ventil Verlag; «Leisureland» Album Album 2023 Tapete Records Hamburg; «Transience» 2019 Southern Domestic UK; «Construction Time & Demolition» 2018 Southern Domestic UK; «amERICa» Album 2015 Fire Records London; «The Donovan of Trash» Album 1991 Hitsville House Band UK; «Big Smash!» Album 1980 Stiff Records; «Wreckless Eric» Album 1978 Stiff Records
www.wrecklesseric.com



Durs Grünbein

lebt in Berlin

Durs_Grünbein (c)stephan röhl
Durs_Grünbein (c)stephan röhl

Fraglos zählt Durs Grünbein zu den bedeutendsten Schrift­stellern des deutschsprachigen Raums. Als Lyriker, Essayist und auch als Romancier erforscht und durchleuchtet er Mikro- wie Makrokosmos, umkreist das Kleine wie das Große, um es poetisch in Sprache zu gießen. 1962 in Dresden geboren und vielfach ausgezeichnet – mit dem Georg-Büchner-Preis, dem Tomas-Tranströmer-Preis und vielen weiteren – durchstreift Grünbein in seinen Texten mit sicherem Stil die Felder von Naturwissenschaft, Philosophie und Geschichte, stets unter der Frage: Was heißt es, Mensch zu sein (und zu bleiben)? Beate Tröger bezeichnet ihn im Deutschlandfunk als melancholischen «Aufklärer und Restromantiker», dessen Gedichte «um ihre Gebrochenheit und Kontingenz wissen, aber ebenso um das Utopische der Dichtung». Für Grünbein selbst «kann Dichtung auch das sein: ein Gerät zum Erfassen der Zukunft».     Vorausgesetzt, es gibt die Offenheit der Leserschaft. In dem Gedichtband «Äquidistanz» heißt es: «Öffne dich, du, tags begraben / unter Aktenbergen. Erhellt / in den Nächten, Stirn­lappennarr: / Öffne dich, leichthin, der Welt.»
Alle Sprachsalz-Türen auf – willkommen, Durs Grünbein in Kufstein! 

 

UW

auftritte

12/09/2025    18:00    Kulturquartier Theater
13/09/2025    15:00    Vitus & Urban

Werke: «Der Komet» 2023 Roman; «Äquidistanz» Gedichte 2022; «Jenseits der Literatur. Oxford Lectures»; «Aus der Traum (Kartei). Aufsätze und Notate» 2019; «Zündkerzen» Gedichte 2017; «Die Jahre im Zoo. Ein Kaleidoskop» 2015, «Lob des Taifuns» Reisetagebücher in Haikus 2008/2017 alle Suhrkamp Verlag 

 



Johan Harstad

lebt in Oslo

Johan Harstad © John Erik Riley
Johan Harstad © John Erik Riley

Johan Harstad ist einer der spannendsten und unkonventionellsten Autoren Skandinaviens. Mit seiner außergewöhnlichen sprachlichen Dichte, seinem erzählerischen Wagemut und seinem feinen Gespür für existenzielle Fragestellungen hat er sich international einen festen Platz in der Gegenwartsliteratur erobert. Seine Romane, Theaterstücke und Erzählungen kreisen um Themen wie Identität, Entfremdung, Kunst, Krieg und Erinnerung – oft mit einem melancholischen Blick auf das menschliche Dasein, aber nie ohne Humor oder Ironie. 
Sein monumentaler Roman «Max, Mischa & die Tet-Offensive» wurde zu einem internationalen Erfolg. Auf über 1000 Seiten entfaltet Harstad die Geschichte eines norwegischen Theaterregisseurs, der als Jugendlicher in die USA auswandert und zeitlebens mit der Frage nach Zugehörigkeit, Heimat und Wahrheit ringt. Das Buch ist ein kraftvolles Epos über Freundschaft, Exil, Kunst und die politischen Umbrüche des späten 20. Jahrhunderts – aber auch eine Liebeserklärung an das Erzählen selbst. Harstad bewegt sich souverän zwischen Popkultur und Philosophie, zwischen persönlicher Erfahrung und Weltgeschichte. Seine Sprache ist detailreich, rhythmisch und kompromisslos. Seine Werke fordern Aufmerksamkeit – und belohnen mit Tiefgang und stilistischer Brillanz. 
In einer Zeit der Schnelllebigkeit erinnert Harstad daran, wie radikal Literatur sein kann, wenn sie sich weigert, einfach zu sein. Es ist uns eine große Ehre, dass er heuer zu Sprachsalz kommt – und das mit seinem neuen Werk «Unter dem Pflaster liegt der Strand».     

 

HDH

auftritte

13/09/2025    17:00    Kulturquartier Theater
14/09/2025    14:00    Vitus & Urban

 

Und als kurze Lesung am grossen Sprachsalz Abend (13.9.)


Werke: «Unter dem Pflaster liegt der Strand» Roman 2025, übersetzt von Laura Jacobsen, Claassen Verlag; «Max, Mischa & die Tet-Offensive» Roman 2019, übersetzt von Ursel Allenstein, Rowohlt Verlag

 



Franz HOhler

lebt in Zürich

Franz Hohler© Luchterhand Literaturverlag
Franz Hohler© Luchterhand Literaturverlag

Franz Hohler zählt zu den bedeu-tendsten Schweizer Autoren und Kabarettisten unserer Zeit. Ob in seinen pointierten Kabarettprogrammen (unter anderem gemeinsam mit Hans Dieter Hüsch oder Emil), in denen er mitunter auch aneckte, oder in seinen Erzählungen – Hohler ist stets relevant, trifft immer ins Herz des Alltags. In Texten wie «Die Steinflut» zeigt er, wie literarische Fiktion historische Stoffe so aufgreift, dass sie für die Gegenwart aktuell werden. In der Novelle «Die Steinflut» geht es um den berühmten Bergsturz im schweizerischen Elm 1881, gesehen durch die Augen des Mädchens Katharina, lässt aber heutige Themen wie den Gletschersturz von Blatten 2025 durchaus lebendig werden.
Ich bin ein ebenso großer Fan seiner kurzen Erzählungen und Alltagsbeobachtungen (z. B. «Das Ende eines ganz normalen Tages»), in denen er eine ebenso liebevolle wie sorgfältige Meisterschaft an den Tag legt. Die Liste seiner Publikationen würde in unserem Programmheft leicht zwei Seiten füllen. Als ich bei einem Besuch in Franz Hohlers Wohnung in Zürich-Oerlikon zwei Wände voll Bücher bestaune – allesamt Publikationen, zu denen er etwas beigetragen hat –, seufzt er und sagt: «Ich bin halt immer noch nicht in Pension.»
Zum Glück! Wir freuen uns sehr, ihn bei Sprachsalz zu begrüßen.
Ganz besonders dürfen sich auch die Kinder freuen, für die er eine Extra-Lesung in der KUBI Bibliothek macht.     

 

MK

Auftritte

12/09/2025    17:00    Kulturquartier Theater
13/09/2025    14:00    Bibliothek (Kinder Lesung)
13/09/2025    16:00    Vitus & Urban

 

Und als kurze Lesung am grossen Sprachsalz Abend (13.9.)

 

Werke: «Franz Hohler & friends» 2024 Memoiren & Be­gegnungsporträts; «Rheinaufwärts» 2023 Erzählungen; «Der Enkeltrick» 2021 Erzählungen; «Fahrplanmäßiger Auf­­enthalt» 2020 Erzählungen; «Ein Feuer im Garten» 2015 Erzählungen; «Der Autostopper» 2014 Kurzgeschichten; «Das Ende eines ganz normalen Tages» 2008; «Die Steinflut» 1998 Historische Novelle; alle Luchterhand Literaturverlag
Für Kinder:
«Es war einmal ein Igel» 2011 Kinderverse/ Bilderbuch; «Das große Buch» 2009 Kinder-Geschichten, beide Hanser Verlag



Viktor Jerofejew

lebt in berlin

victor jerofejew © jerofejew
victor jerofejew © jerofejew

Der russische Autor Viktor Jerofejew hat die Gattung des biografisch-essayistischen Romans zu einer Hochblüte entwickelt. Im Zentrum seines aktuellen Buches «Der große Gopnik» steht der 24. Februar 2022, der Tag des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine. Rund um dieses Ereignis montiert Jerofejew mosaikhaft ein Zustandsbild der heutigen russischen Politik und Gesellschaft aus der Sicht eines Oppositionellen. Er vergleicht dabei seine literarische Technik mit dem facettenreichen Rundum-Blick einer «Schmeißfliege». Tagebucheintragungen, Berichte vom Ukrainekrieg, Familiengeschichte, Zitate, Erinnerungen, Anekdoten über die russische Literatur, visionäre Einschübe: So entsteht ein Gesamtbild, ein Puzzle, ein packender Mix russischer Geschichte.
Wenn auch der Name Putin im Buch «Der große Gopnik» nicht direkt genannt wird, weiß man natürlich sofort, wer damit gemeint ist. Nun, was ist ein «Gopnik»? Ein Gopnik ist nichts weiter als ein Rowdy, ein Hinterhofschläger, und inzwischen regiert ein solcher, zusammen mit vielen anderen Tausenden Gopniks, das Land. Jerofejew  nennt es auch eine Epidemie der Dummheit.
Jerofejew wurde wegen seiner Publikationen bereits zu Sowjetzeiten aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen, obwohl er  einer einflussreichen Kaderfamilie angehörte. Sein Vater war Mitarbeiter von Stalin und auch als Botschafter in Afrika, Wien, vor allem aber in Paris eingesetzt. Dort hat Jerofejew viele Jahre seiner Jugend und Erwachsenenzeit verbracht. Dadurch hat er auch sehr bald immer beide Seiten, West und Ost, kennengelernt.
Viktor Jerofejew ist Putin persönlich öfters begegnet. Er nennt ihn einen «wandelnden Friedhof kindlicher Komplexe».     

 

ES

Auftritte

12/09/2025    16:00    Kulturquartier Theater
14/09/2025    15:00    Vitus & Urban

 

Und als kurze Lesung am grossen Sprachsalz Abend (13.9.)

Werke: Werke: «Der große Gopnik» 2023 Roman, übersetzt von Beate Rausch, Matthes & Seitz Berlin Verlag; «Der gute Stalin» 2004 Roman, übersetzt von Beate Rausch, Berlin Verlag; «Die Moskauer Schönheit» 1990 Roman, übersetzt von Thomas Reschke, S. Fischer 1990



Mieko Kawakami

lebt in Tokio

Mieko Kawakami (c)KEIICHIRO NAKAJIMA
Mieko Kawakami (c)KEIICHIRO NAKAJIMA

Die stille Kraft der Sprache. Mieko Kawakami ist eine der eindrucksvollsten Stimmen der japanischen Gegenwartsliteratur. Ihre Werke sind feinfühlig, poetisch und zugleich radikal klar. Mit präzisem Blick schreibt sie über Körper, Geschlechterrollen, soziale Ungleichheit – über das Frausein in einer Welt, die vorgibt, was sichtbar sein darf. Geboren 1976 in Osaka, begann Kawakami als Singer-Songwriterin, bevor sie zur Literatur fand. Ihre Herkunft aus einfachen Verhältnissen prägt ihre Themen ebenso wie ihre poetische Sprache. Sie gibt jenen Raum, deren Stimmen oft überhört werden: Frauen, Kinder, Jugendliche – verletzlich, suchend, widerständig. 
Der internationale Durchbruch gelang ihr mit dem Roman «Brüste und Eier», einer berührenden Erzählung über weibliche Selbstbestimmung und Körperlichkeit. In «Heaven» widmet sie sich der Erfahrung eines gemobbten Jungen – ein stilles, ein eindringliches Buch über Gewalt, Ohnmacht und moralisches Erwachen. Mieko Kawakamis Literatur ist von stiller Wucht: politisch, ohne laut zu sein, empathisch, ohne zu idealisieren. Sie schafft Räume für das Verborgene, spricht über Scham, Armut, Würde. Ihre Sprache, zwischen Lyrik und Lakonie, ist ein Werkzeug der Befreiung.
Beim Sprachsalz Literaturfestival begegnen Sie einer Autorin, die mit leiser Stimme viel bewegt – und deren Geschichten lange nachwirken.               

 

HDH

Werke: «Das gelbe Haus» 2025 Roman; «All die Liebenden der Nacht» 2023 Roman; «Brüste und Eier» 2021 Roman; «Heaven» 2009 Roman, alle übersetzt von Katja Busson im DuMont Verlag

 

auftritte

13/09/2025    22:00    Kulturquartier grosser Saal, haupt-Act am großen Abend
14/09/2025    13:00    Kulturquartier Theater



Marco Kerler

lebt in Ulm

Marco Kerler © Thilo endres
Marco Kerler © Thilo endres

Na sowas! Dieses Jahr bekommen Sie ein Gedicht geschenkt! Und zwar von einem waschechten Dichter. Marco Kerler reist mit seiner «Hermes Baby» an – ja, genau, das ist DIE mechanische Schreibmaschine, die schon in Max Frischs Roman «Homo Faber» eine Rolle spielte. Ab Freitag wird Marco Kerler sie bei Sprachsalz klappern lassen (ein Geräusch, das man kaum noch hört), um für jede, die es wünscht, und für jeden, der mag, ein Gedicht zu schreiben. Ein poetisches Einzelstück, frisch aus der Schreibmaschine: «Ein Gedicht für Dich».
Das Einzige, was Sie tun müssen: dem Dichter ein Wort schenken. Oder ein Thema. Vielleicht etwas Banales wie «Kaffee», etwas Wehmütiges wie «Sehnsucht» oder etwas Aufregendes wie «Zeitmaschine». Dann heißt es warten: dem Tastenklappern lauschen, während Marco Kerler die Texte tippt, und dem leisen Ping, wenn die Zeile zu Ende ist. Und so entsteht, während Sie zuschauen, Zeile für Zeile, Wort für Wort, ein Gedicht. Ihr Gedicht.       

 

UW


Auftritte

Freitag und Samstag zu finden im Foyer des Kultur Quartiers.


12/09/2025    14:00    Bibliothek (Lesung für Kinder)

 

Werke: «Briefmeere» 2025 Prosa dreiklein Verlag; «Bernsteinliebe» 2025 Gedichte Verlag der 9 Reiche

www.marcokerler.de

 



Hanspeter Duesi Kuenzler

lebt in london

Hanspeter Düsi Künzler © Julian Hanford
Hanspeter Düsi Künzler © Julian Hanford

Hanspeter «Düsi» Künzler lebt seit über vierzig Jahren in London – sein Blick auf die Welt ist scharf, verspielt, eigensinnig. Der Schweizer Journalist, Popchronist und Autor prägt seit Jahrzehnten den Musikjournalismus im deutschsprachigen Raum. Er schreibt für NZZ,  Loop und Blue News – sprachlich präzise, ironisch, mit Gespür für Zwischentöne und Zeitgeist. Unvergessen: sein Auftritt bei Sprachsalz mit dem Bestseller, der «Michael Jackson-Biografie» – stilecht im Jackson-Hemd, zu Beginn unserer Reihe im Zusammenhang mit Musik. Neben Büchern über die Rolling Stones verfasste er mit Boris Blank das opulente «Oh Yeah / Yello 40». Seine Texte basieren auf einem privaten Archiv mit über 2000 Radio-Gesprächen – von Elton John bis Björk. In seinen Lesungen verschmelzen Musikgeschichte und Lebenserfahrung zu feiner Erzählkunst: ruhig, witzig, tiefgründig. Mit im Gepäck hat er sein neues Buch «Das Wetter zwischen Jukebox und Theke» – Geschichten aus Kilburn, einem irisch geprägten Viertel im Nordwesten Londons. Es sind poetische Momentaufnahmen von Menschen zwischen Trotz und Traum, Rebellion und Resignation. Ihre Schicksale erzählen vom Überleben in der Peripherie, vom Stolz in der Prekarität – und von der Würde, die selbst im Lärm der Pubs, im Dunst der Zigaretten und im Dröhnen der Jukebox nicht verloren geht.
Und natürlich moderiert er auch das Gespräch mit Eric Goulden alias Wreckless Eric. Denn das könnte wohl niemand besseres.                   

 

HDH

Werke: «Das Wetter zwischen Jukebox und Theke» Erzählungen 2025 Geparden Verlag; «Oh Yeah / Yello 40» gemeinsam mit Boris Blank & Dieter Meier 2021 Edition Patrick Frey; «Der Thriller um Michael Jackson. Familien, Fans & Verfolgungsjagden» 2010 Hannibal Verlag; «Black or White» 2009 Koch International/Hannibal


www.hanspeterkuenzler.com/

 

 

Auftritte

12/09/2025    20:00    Kulturquartier Theater
13/09/2025    13:00    Vitus & Urban



Dacia Maraini

lebt in Rom

Dacia Maraini©Henning_Kluever
Dacia Maraini©Henning_Kluever

Was wäre gewesen, wenn … ich unter Mussolini oder Hitler gelebt hätte? Hätte ich mich kompromisslos für den Widerstand entschieden oder mich widerstandslos der Macht unterworfen? Den Gedanken, dass man als junge Mutter, als junger Vater von drei kleinen Kindern den Widerstand wählt und damit die gesamte Familie in Gefahr bringt, blende ich lieber aus. 
Dacia Maraini jedoch ist ein Kind solcher Eltern, die es ablehnten, Mussolinis «Repubblica Sociale Italiana» (1943–1945) anzuerkennen. Die Familie lebte gut integriert und glücklich seit 1938 in Japan, wo der Vater, Fosco Maraini, als Anthropologe forschte. Wegen antifaschistischer Gesinnung wurde die Familie 1943 in ein politisches Internierungslager gebracht. Diese – im kollektiven Gedächtnis kaum, im persönlichen von Dacia Maraini schmerzhaft tief – verankerte Erfahrung vermittelt uns das zuletzt von ihr verfasste Werk «Ein halber Löffel Reis» auf eine Weise, die angesichts der erlebten Gräuel verblüfft, aber die antirassistische Haltung ihrer Eltern konsequent fortsetzt: Nicht das japanische Volk wird im Rückblick von ihr in Sippenhaft genommen, sondern ein politisches System. 
Dacia Maraini gehört nicht nur zu den einflussreichsten feministischen Stimmen, sondern auch zu dem Kreis von Intellektuellen um Elsa Morante, Alberto Moravia und Pier Paolo Pasolini, der das kulturelle Leben Italiens seit der Nachkriegszeit mitgeprägt hat. 
Dacia Maraini,  1936 in Fiesole geboren, wuchs in Japan (1938–1946) und Sizilien auf. Sie gehört mit über 100 Werken (Romane, Erzählungen, Gedichte, Dramen und Essays) zu den bekanntesten und zu den am häufigsten übersetzten italienischen zeitgenössischen Autor*innen.     

 

RG

Werke: «Ein halber Löffel Reis. Kindheit in einem japanischen Internierungslager» 2025; «Tage im August» Roman; «Trio» Roman 2010, alle übersetzt von Ingrid Ickler, alle Folio Verlag

 

 

auftritte

12/09/2025    19:00    Kulturquartier Theater
13/09/2025    13:00    Kulturquartier Theater



Matthias Schonweger

«MENSCH, msch!» – Film und Performance

Matthias Schönweger © Filmstill Julian Giacomuzzi
Matthias Schönweger © Filmstill Julian Giacomuzzi

Matthias Schönweger ist kein Unbekannter bei Sprachsalz – als 
literarisch-performativer Gast war er bereits  2007 eingeladen. 
Julian Giacomuzzi arbeitet seit Jahren als Kameramann bei Sprachsalz  und präsentiert nun gemeinsam mit Regisseur Martin Telser den Dokumentarfilm «MENSCH, msch!». Martin Telser begleitet die Vorführung persönlich und Schönweger ergänzt sie mit einer Performance.
Der 48-minütige Film (Italien 2024) porträtiert den Südtiroler Künstler, der seit den 1970er-Jahren unter dem Kürzel «msch» mit Witz und ernsthafter Widerstandskraft zwischen Kunstformen und Sprache(n) wandert. Malerei, Literatur, Installationen, Aktionen: Matthias Schönweger entzieht sich konsequent jedem Versuch einer Schubladisierung.
Der Film gewährt Einblicke in sein Schaffen, seine Archive und seine Denkbewegungen – und lässt auch Rezipient*innen zu Wort kommen, die sich fragen: Wo endet Matthias Schönweger, wo beginnt «msch»? Sprachsalz freut sich auf das Wiedersehen mit diesem großartigen Künstler – und auf den Film, der seine Kunst und Literatur cineastisch erfahrbar macht.       

MK

Werke: «DAS MOMENTUM» Künstlerbuch 2025; «msch’s BLÄTTER­WÄLDER» Künstlerbuch 2024; «DAS IMZUM BUCH» Künstlerbuch 2024, alle Eigenverlag Meran; «Gebucht. Teil 1: Reise auch ein Tunwort. Teil 2: Reise auch ein Imperativ» Drehbuch 2023; «SPUREN im Schnee von gestern» Erinnerungsminiaturen 2019, alle Edition Raetia Bozen; «Der Augen Blick. Gedichte seitenanseite» Lyrik 2017 Edizioni alphabeta Meran;  «Von der Kunst das Leben zu lieben» (Band 1) / «Von der Kunst das Leben zu leben» (Band 2) Essays 2012, Edition Raetia Bozen

 

auftritt

14/09/2025    17:00    Kulturquartier Theater, Filmvorführung und Performance, in Anwesenheit des Regisseurs Martin Telser.

 

 

Filmstill aus dem film "MENSCH, msch!" von Martin Telser und Julian Giacomuzzi
Filmstill aus dem film "MENSCH, msch!" von Martin Telser und Julian Giacomuzzi


Stephan Tikatsch

lebt in Graz

Stephan Tikatsch © tikatsch
Stephan Tikatsch © tikatsch

Innensicht. Und absurde Außenwelt. Ruppiges, das stets fein ziseliert daherkommt, und schwungvoll Virus- und Sinnlastiges. Aber auch Slapstick. Kurz gesagt: Der lyrische Kosmos von Stephan Tikatsch ist so breit wie tief. 
Was für ein sorgsamer Wörterfabrikant und Vokabeljongleur er ist, das zeigte vor mehreren Jahren der Schritt vom Arbeitstitel eines Lyrikbandes, «Tage tun», zum Titel, mit dem die Gedichte aus den Jahren 2016 und 2017 schließlich erschienen – «weiter windig». Es war der Abschluss einer so nicht geplanten Trilogie. Im mittleren Teil, «Altbausonnen», las man an einer Stelle symptomatisch treffend wie mitreißend pointiert vom «heiteren lustvollen Konsonantensterben». Schattenhafte Rückzugsareale gab es da, aber auch lakonische Zeitkritik war zu lesen: «Hab wieder gegen die Zeit gewettert. Nun münde ich mit ihr in einer Plastiktüte.»
Geboren in Wien-Floridsdorf, trieb es Stephan Tikatsch durch ganz Österreich, von Wien zu einer Klaviermacherlehre in Götzis/Vorarlberg, von dort über Kreativprojekte aus Literatur, Musik, Malerei in Wien-Ottakring ins Waldviertel und schließlich im Sommer 2023 nach Graz.
2017 hatte er als Solist die souverän alle Genregrenzen ignorierende Literaturzeitung «SYLTSE – Zeitung für Schwerdenkeleien & Leichtsinnigenten» gegründet und leitet sie seither. In seinem jüngsten Lyrikband kann man von ihm, dem Humorbegabten, dies lesen: «Vorher war alles normal / Dass ich nicht lache / Und nie laut.» Und in einem Gedicht findet sich sogar so etwas wie ein Sprachsalz-Leitmotiv: «Lag wach / Schlief munter / Fehlte in der Nacht / Das sind die Worte».                           

 

AK

Werke: «Dyspujaka» Gedichte 2024; «blindkohlekopie» Gedichte 2019; alle BoD – Books on Demand

Tiphan.jimdofree.com

 

auftritt

12/09/2025    15:00    Vitus & Urban
14/09/2025    14:00    Kulturquartier Theater

 

 



Erika Wimmer Mazohl

lebt in telfs

Erika Wimmer Mazohl © Kristin Jenny
Erika Wimmer Mazohl © Kristin Jenny

Wenn man meint, Erika Wimmer Mazohl auf ein Genre festlegen zu können – dann ist sie schon nicht nur eine Gattung weiter, sondern oft gleich zwei davon, drei, vier. Ihre Spannweite reicht von Roman über Lyrik zu Hörspiel und Essays. Zudem ist sie bildende Künstlerin (die in Kufstein ausstellt) – und arbeitete im Innsbrucker Brenner-Archiv – und leitete das Innsbrucker Literaturhaus am Inn – und edierte Nobert C. Kaser. 2017 wanderte man mit ihrem Stadtbuch «Meran abseits der Pfade» durch die Südtiroler Erholungskapitale – und es folgte ein Roman. Auf diesen ein Lyrikband. Und es gibt von ihr neben Publikationen in größeren Verlagshäusern auch exquisite bibliophile Bände, in der sie Worte mit Fotografien kombiniert. Ebenso durchschreitet, durchfliegt sie Jahre, Jahrzehnte, Epochen. Ist man mit Liebesgedichten von ihr ganz in der Gegenwart, so führt sie in «Das zweite Gesicht» ein Zwiegespräch mit Dante Alighieri, dem großen Florentiner und Exilanten, in das mit Markus Vallazzas Zeichnungen eine weitere Brechung eingezogen ist: «farbig gegliedert und zart / belichtet aus namloserquelle / e vengonorimangono / unendlich konturen und formen / entstehen und bleiben rotieren». Ein gleichfalls zart belichtetes, fein rotierendes, dabei überaus zugängliches Denkmal für eine Psychologin ist Erika Wimmer Mazohls jüngster Roman «Wolfs Tochter». Und zudem ein Porträt der Wiener und österreichischen Literaturszene nach 1945. 
Erika Wimmer Mazohl ist nicht nur bei Sprachsalz zu Gast, sondern beim Kooperationspartner Galerie Dia:log ist sie in der Ausstellung «Chor der Frauen» zu sehen (gemeinsam mit der Künstlerin Anna Maria Mackowitz). Drum freuen wir uns auch auf die Matinee ebendort am Sonntagmorgen.                                               

 

AK

Werke: «Wolfs Tochter» Roman 2022 Edition Laurin; «Das zweite Gedichte. Gedichte zu Dante-Miniaturen von Markus Vallaza» 2020; «Löwin auf einem Bein» Roman 2020, beide Limbus Verlag; «Orte sind» Gedichte 2019 Edition Laurin     

 

www.erikawimmer.net

 

auftritt

12/09/2025    14:00    Kulturquartier Theater
14/09/2025    11:00    Galerie Dia:Log