Irene Suchy

Von Irene Suchy gibt es eine Kostprobe aus ihrer "Litanei gottloser Gebete", erschienen 2013 im Verlag der Provinz:

 

Die Muttersprache war die Widersprache
– wie das Mutterland die Ortlosigkeit –
Wider-Rede, die im Widerspruch erlernt wurde,
Lernen wider die Worte,
Wider den Willen, widerwillig
Du bist unerziehbar
Widrigkeit lernen,
Wider-Land
Wider-Ruf
Wider-Schrei.
 
Weil ich mir genommen wurde, muss ich mich mir immer neu geben.
Weil ich verschenkt wurde, darf ich mich mir schenken.
Wider die Wände, in die Ecke gestellt,
finde ich mich in der Widerwelt.
Finde die Widrigkeiten.
Erfinde die Welt. Widerland.
 
Weil ich mir verboten wurde, darf ich mich mir erlauben.
Erlaube mir das Ungelernte, Ungeforderte, ungefördert.
Dich braucht man ja nicht zu fördern.
Ernst, unermuntert, entdecke ich die Wider-Welten der Widerwärtigkeiten.
Schreibe sie auf, dokumentiere sie, verorte sie.
 
Weil ich mir verloren wurde, darf ich mich finden.
Suche mich, dem Verlust vertrauend immer neu, glücklich mich hin und wieder gefunden zu haben oder mir begegnet zu sein.

 

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