Autor*INNen 2018


Thomas Antonic

Thomas Antonic ©Thomas Ringhofer
Thomas Antonic ©Thomas Ringhofer

Lebt in Wien

 

Eben hat Thomas Antonic eine umfassende Biographie über Wolfgang Bauer publiziert. In diesem Standardwerk arbeitet er heraus, wie stark der Einfluss war, den die US-amerikanischen Beatautoren auf die Dramatiker ausgeübt haben. Auch Thomas Antonic ist als Schriftsteller sehr stark von dieser ­Literatur beeinflusst worden, wenngleich er seinen ganz eigenen Weg eingeschlagen hat. (Er ist unter anderem auch Bandmitglied der Rockband «William S. Burroughs hurts», benannt nach einer der Beatikonen.)

 

In seinem zweisprachig erschienenen Buch «Flackernde Felsbilder ­übler Nachtvögel», bedient er sich einer assoziativen, spontanen, auf den ersten Blick ungezügelten Schreibweise, bei der er sich ganz vom Textstrom leiten lässt. Sätze stehen ganz für sich, ohne in einem schlüssigen Zusammenhang zum nächsten zu stehen. ­Montage- und cut-up-Techniken werden verwendet, Zitate, Gesprächs- und Gedankensplitter tauchen auf, er verfolgt keine linear gebaute Story. Aber stets werden wiederkehrende Motive aufgegriffen: Auflösung, Verschwinden, Trennung und Tod. Antonic verwendet in seinen Texten häufig surreale Bilder, er erzeugt lyrische Stimmung, die wie ein schwermütiger Blues aus dem Mississippi-Delta klingt.

 

ES

 

Bücher- Auswahl: Blues aus dem Mississippi-Delta klingt. «Flackernde Felsbilder übler Nachtvögel» Gedichte 2017; «Wolfgang Bauer: Werk – Leben –Nachlass – Wirkung» 2018; beide Ritter Verlag Graz & Klagenfurt.


Antonia Baum

Antonia_Baum © Andreas Hornoff
Antonia_Baum © Andreas Hornoff

Aktuelle Mitteilung: Antonia Baum ist leider verhindert: Ihre Veranstaltungen werden ausfallen.

 

 

Lebt in Berlin

Wie kommt man nur auf solche Titel? «Vollkommen leblos, bestenfalls tot», «Ich
wuchs auf einem Schrottplatz auf, wo ich lernte, mich von Radkappen und Stoßstangen zu ernähren» und «Tony Soprano stirbt nicht». Jeder für sich lässt den Kopffilm rattern, bevor noch die erste Zeile gelesen ist.
Antonia Baum kann Geschichten erzählen, Geschichten die «cool, unprätentiös, witzig und herzzerreißend» daherkommen, wie Moritz Baßler in der «Zeit» urteilt. Geschichten, wie man zur Liebe seiner Familie verdammt ist, auch wenn der Vater Theodor (in «Schrottplatz») ein Autohändler, Arzt & Nichterzieher und der Mutterersatz ein Sultan ist. Geschichten, die von so unerheblichen Dingen und gleichzeitig wichtigen Details wie der Hans-Meiser-Beobachtungshaltung oder der Bach-Gans Raum geben. Geschichten, die in eine Welt eintauchen lassen, für die Kleinbürgertum ein Fremdwort ist. Geschichten, deren an Popkultur und Raptexte angelehnte Titel nicht zu viel versprechen, sondern schräge, komische, skurrile Vater-Kind-Geschwister-Familienbeziehungen in ein neues Licht treten lassen. Geschichten, in denen Sätze wie «Wenn ein Auto weg ist merkt Theodor das sofort. Ganz im Ernst, der hätte Autos kriegen sollen keine Kinder» nicht nur auf dem Buchumschlag stehen, sondern glücklicherweise im Roman massenhaft zu finden sind.

UW

Bücher- Auswahl:
«Stillleben» Roman 2018 Piper; «Tony Soprano stirbt nicht» Roman 2016; «Ich wuchs auf einem Schrottplatz auf, wo ich lernte, mich von Radkappen und Stoßstangen zu ernähren» Roman 2015; «Vollkommen leblos, bestenfalls tot», Roman 2011; alle Hoffmann und Campe.


Zora del Buono

Zora del Buono © Yvonne Böhler
Zora del Buono © Yvonne Böhler

Lebt in Zürich und Berlin

«Zora del Buono hat eine kleine Maschine gebaut, in der ein Rädchen ins andere greift, ein effizientes Bohrmaschinchen, das einen Tunnel durch einen gewaltigen Berg menschlicher Not und Einsamkeit treibt.» So endet eine begeisterte Buchkritik von Richard Kämmerling über Zora del Buonos Novelle über den Gotthard.

Im übertragenen Sinn kann dieser Satz aber für alle Bücher gelten, die ich von Zora del Buono gelesen habe: Es sind leise, sehr präzise und gut aufgeladene Sprachmaschinen, die Geschichten von Menschen erzählen. Und immer ist da auch das Interesse an aktuellen oder vergangenen historischen Ereignissen.
Im Roman «Hinter Büschen, an eine Hauswand gelehnt», aus dem sie in Hall lesen wird, prägen die Ereignisse um Edward Snowden und den Wikileak-Skandal eine leise und radikale Liebesgeschichte zwischen einer Dozentin und einem Studenten. Wie viel darf noch privat sein, was vom Privaten ist überhaupt noch erlaubt? Das Dunkle und Undurchschaubare, Geheimnisse der Menschen und der Orte, das sind die großen Themen der Autorin, die sie immer wieder brillant verpackt. Ihrem Stil merkt man ein unprätentiöses,? gutes journalistisches Handwerk an, aber ebenso feine poetische Töne, die jedes ihrer Bücher für mich zu einem Lese-Erlebnis macht.

MK

Bücher- Auswahl: «Hinter Büschen, an eine Hauswand gelehnt» Roman 2016; «Gotthard» Novelle beide C.H. Beck München 2015; «Das Leben der Mächtigen» Naturkunden Berlin 2016; «Hundert Tage Amerika. Eine Reise von Neufundland bis Key West» Literarisches Reisebuch; «Big Sue» Roman 2010; «Canitz' Verlangen» Roman 2008, alle mare, Hamburg.

www.zoradelbuono.de


Mark Z. Danielewski.

Mark Z. Danielewski © atelier Z
Mark Z. Danielewski © atelier Z

Lebt in Los Angeles.

 

«Das hier ist nichts für euch.»
 (Mark Z. Danielewski)

Gehen Sie nicht zur Lesung, lassen Sie sich nicht auf diesen Autor ein! Mark Z. Danielewski ist ein Ausnahmeschriftsteller, seine Bücher sind Ausnahmebücher, ob «Only Revolutions», ob »Das Haus – House of Leaves», das in gebundener Ausgabe immerhin über 1 kg wiegt. «Das Haus – House of Leaves» ist eines der erstaunlichsten Werke der experimentellen Literatur, die Handlung spielt selbstverständlich auf mehreren Ebenen und ist irgendwo zwischen Mystery/Horror/Thriller zu verorten, selbstverständlich mit Rückgriffen auf allerhand Diskurse der neueren Literaturwissenschaft, wie der Tod des Autors etcetera. Zur Versöhnung beweisen hie und da die Fußnoten und Verweise, dass sie durchaus ins Fach des Komischen gehören könnten. Oder vielleicht auch nicht.
Und glauben Sie bloß nicht, dass «Only Revolutions» irgendetwas mit gesellschaftlichen Umwälzungen zu tun hat, nein: es geht hier um eine demokratische Lovestory und um «revolutions per minute», also Umdrehungen. Man liest bis zum Schwindeligwerden, denn diese Bücher kennen kein Unten, kein Oben, die Typographie dreht auf und durch.
Lassen Sie also bloß die Finger von diesen Texten, schlagen Sie -einen weiten Bogen um die Veranstaltungen.
Nein? Sie wollen nicht?
Hm. Dann kommen Sie halt zu Sprachsalz und erleben eine der äußerst raren Lesungen dieses legendären Schriftstellers.

UW

 

Bücher- Auswahl: «Das Fünfzig-Jahr Schwert» Roman 2013; «Only Revolutions» Roman 2012; «Das Haus – House of Leaves», Roman 2007; alle Klett Cotta.

www.markzdanielewski.com


Meret Gut

Meret Gut © Franjo Seiler
Meret Gut © Franjo Seiler

Lebt in Zürich

Es war in der Pause eines Theorieabends über Vögel in Zürich. Der Verfasser dieser Zeilen kam mit Meret Gut ins Plaudern, auch über Literatur. Sie outete sich als Lyrikerin. Die Neugier war geweckt und
führte ihn dazu, sie zu fragen, ob er etwas lesen dürfe. Am nächsten Theorieabend – es ging um Limikolen – händigte sie ihm das ?Manuskript aus. Noch in der Straßenbahn ließ er sich auf ihrem Wortteppich durch die nächtliche City gleiten. Jedoch nicht im taumelnden Traum der Verklärung, es ist eher eine Art der Erdung, die hier bei der Lektüre geschieht. Als würde man auf einem moosigen, weichen Waldboden gehen, irgendwie archaisch, direkt und naturnah.
Die 1989 geborene Meret Gut schloss mit einem Master in Molekularbiologie ab, unterrichtet Biologie, kämpft für den Naturschutz … und schreibt Poesie! Eine Poesie, die nach deren Genuss weiter austreibt und gedeiht.

UHA


Bücher- Auswahl:
«Einen Knochen tauschen wir» 2017 Lyrik, Wolfbach Verlag.


Yannick Haenel

Yannick Haenel  © Francesca Mantovani
Yannick Haenel © Francesca Mantovani

Lebt in Paris

Bei unserem wunderbaren Sprachsalz-Gastspiel in Pforzheim 2016 durften wir anlässlich einer Kooperation mit dem Theater Pforzheim den französischen Autor Yannick Haenel kennenlernen, dessen Roman «Die bleichen Füchse» vom Theater Pforzheim inszeniert wurde. Der französische Schriftsteller Yannick Haenel wurde 1967 in der Bretagne geboren und gehört zu den am meisten diskutierten zeitgenössischen Autoren Frankreichs.
Haenel schreibt in seinen Romanen über Menschen, die sich unbequemen Wahrheiten stellen: So ist etwa sein Protagonist in «Die bleichen Füchse» ein französischer Bürger, der einmal seinen festen Platz in der Gesellschaft hatte. Doch er verliert erst seine Arbeit,dann seine Wohnung und gerät auf die Seite derer, die nichts haben.
Jean Deichel ist dreiundvierzig Jahre alt, als er in ein Auto zieht. Das Paris, das er nun entdeckt, ist eine ganz andere Stadt als die, die er bislang kannte. Es ist die Stadt der Migranten. Haenel sagte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk dazu: «Kann Sprache wirklich die Welt verändern? Das ist eine sehr alte Frage, die ich versucht habe, noch einmal zu stellen. Der Grund war die zunehmende Entpolitisierung in Frankreich und der westlichen Welt. Das betraf die meisten Leute, die ich kenne – mich inbegriffen. Ich kann sagen, dass ich zwanzig Jahre lang völlig unpolitisch war. Und dieser Roman stellt die Frage, ob wir aus freiem Willen unpolitisch waren oder ob es die Gesellschaft in hinterhältiger Weise an unserer Stelle gewollt hat.»
 

MK

Bücher-Auswahl:
 «Die bleichen Füchse»  Roman 2014 «Das Schweigen des Jan Karski» Roman 2011; beide Rowohlt. «Tiens ferme ta couronne», Roman 2017 Gallimard.


Gert Loschütz

Gert Loschuetz © Lion Loschuetz
Gert Loschuetz © Lion Loschuetz

Lebt in Berlin

Manche Schriftsteller hat man sich als Kurator vorgemerkt und dann rücken sie wieder aus dem Fokus, um dann durch ein anderes ihrer Bücher urplötzlich und endgültig ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu gelangen. Nun heißt es den Autor überzeugen, dass er die Reise
nach Hall auf sich nimmt. Mir ist das zuletzt veröffentlichte Werk dieses Autors buchstäblich in die Hände gefallen. Ein überaus gelungener, elegant autobiographisch grundierter Roman. In diesem Buch gibt es nichts, was nicht aus gutem Grund dort steht, wo es steht. Alles erhält früher oder später seine Bedeutung.
«Gert Loschütz, 1946 in Genthin geboren, ist eine schwierig zu durchschauende Größe in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Im Jahr 1957 siedelte seine Familie aus der DDR in die Bundesrepublik über, Loschütz ging im mittelhessischen Dillenburg zur Schule, studierte in Berlin, lebte dort eine Zeitlang mit Elfriede Jelinek zusammen, kam nach Frankfurt am Main, wo er bis zum Jahr 2000 blieb und kehrte dann nach Berlin zurück.» (Christopher Schröder, die Zeit)

HDH


Bücher- Auswahl:
 «Ein schönes Paar» Roman 2018 Schöffling & Co.; «Das erleuchtete Fenster» Erzählungen 2007; «Die Bedrohung» Roman 2006; «Dunkle Gesellschaft» Roman in zehn Regennächten, alle Frankfurter Verlagsanstalt 2005.


Que Du Luu

Lebt in Bielefeld

Im chinesischen Horoskop wird nach Jahren und nicht nach Monaten gerechnet: So gibt es das Jahr des Hundes, der Ratte, des Schweins und: des Affen (undselbstverständlich noch allerhand anderem Getier). Affen gelten gemeinhin als neugierig, schlau, flexibel und intelligent, weshalb in den Affenjahren deutlich mehr Kinder geboren werden als beispielsweise im Jahr der Ziege. «Das Jahr des Affen», so lautet auch der Titel des aktuellen Romans von Que Du Luu, ein Roman, der mehrfach ausgezeichnet wurde und,wie könnte es anders sein, irgendwie etwas mit China zu tun hat. Irgendwie. Die 16-jährige Mini muss das China-Restaurant ihres Vaters leiten, nachdem der mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus
gekommen ist und dann kommt auch noch Onkel Wu aus Australien und macht das Chaos perfekt.
Die Suche nach Heimat, die geographische und die geistige, bildet das Zentrum des Romans – nicht ohne kluge, poetische und oft sehr komische Begebenheiten zu schildern: «Vermisst du deine Heimat? (...) Wieso waren die Leute immer vor den Kopf gestoßen, wenn
man nichts vermisste? – Man sollte immer leiden. Wenn ich Nein antwortete, waren die Deutschen empört: Du musst deine Heimat doch vermissen! (…)»
Que Du Luu wurde 1973 in der Nähe von Saigon als Tochter chinesischer Eltern geboren. Ihre Familie flüchtete 1977 als Boatpeople über das Meer und kam über Umwege nach Deutschland. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen für ihre Romane.

UW

Bücher – Auswahl: «Im Jahr des Affen» Roman 2015 Königskinder; «Vielleicht will ich alles» Roman 2011 Kiepenheuer & Witsch; «Totalschaden», Roman 2006 Reclam.

www.queduluu.de


Jürgen und Thomas Roth

Thomas Roth © H.Reese Juergen Roth © privat;
Thomas Roth © H.Reese Juergen Roth © privat;

Leben in Frankfurt a. Main und bei Bonn

Als das Schweizer Radio SRF eine Besprechung eines literarischen Buches über Vögel ankündigte, wurde der Verfasser als Leser und Hobby-Ornithologe hellhörig. Und fürwahr, nach dem Interview mit den beiden Brüdern und Autoren Jürgen und Thomas Roth wurde das Buch beschafft. Und nach der Lektüre war so was von klar, dass die beiden nach Hall kommen müssen. Aus den rund 11.000 Vogelarten besprechen die beiden ausgesuchte Arten wie andere Filme oder Romane. Sie kreisen all die Eigenarten der gefiederten Subjekte fabulierend und aus der Fachliteratur zitierend dergestalt ein, dass der Lesende zu staunen beginnt.
Ein Staunen über den Umstand, wie etwa in alter Zeit die Tierwelt interpretiert wurde und wie Esprit und Witz der Sprache guttun können. Und erst recht ein Staunen über all das Wunderbare, was in der Welt der Piepmätze geschieht. «Sie beweisen damit, dass Leselust, Fantasie und Wissen, Erzählen und Erklären keine Gegensätze sein müssen.» (RBB Kulturradio).
Jürgen Roth wurde 1968 geboren und lebt als Schriftsteller in Frankfurt am Main, er schreibt für Medien wie FAZ, taz oder die Titanic. Thomas Roth wurde 1971 geboren und lebt als Historiker im Rheinland. Beide entdeckten schon früh ihre Faszination für Vögel.
Mit Jürgen und Thomas Roth wird es nicht nur die klassischen Lesungen, sondern auch eine morgendliche Vogelschau geben.

UHA

Bücher- Auswahl: Jürgen Roth und ThomasRoth: «Kritik der Vögel» 2017 Blumenbar Verlag; Jürgen Roth: «Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! Lügen und Lumpereien aus siebzig Jahren deutscher Politik» 2015 Verlag Antje Kunstmann; «Die Reise durch Franken» mit Matthias Egersdörfer 2016 Piper Verlag.


Robert Rotifer

Robert Rotifer © Magdalena Blaszczuk
Robert Rotifer © Magdalena Blaszczuk

Lebt in Camden

Ein neuer Programm-Punkt geht in sein drittes Jahr. Was anfänglich eine Herausforderung bedeutete, wird vom Publikum – wie ehemals die Überraschungslesung – geschätzt. Was Jeremy Reed und Hanspeter Düsi Künzler begonnen haben, wird dieses Jahr von Robert Rotifer fortgeführt. Ein weiterer Autor, der auf verschiedenen Ebenen mit seinem Werk präsent ist, der musikalischen ebenso wie der schreibenden. «Er erzählt dann, erzählt und erzählt, immer ein bisschen müde und dennoch stets hellwach. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass sein gepflegtes, kluges Hochwienerisch, unverändert seit zwanzig Jahren, längst eine historische Sprache ist, geformt in den 1980ern und historisch leider auch deshalb, weil ihre Intelligenz und ihr Witz hier eigentlich schon Geschichte sind.», schreibt Ernst Molden über ihn. Wo Musik in der Sprache, den Geschichten zu Hause ist, wird Sprache, werden Geschichten zur Musik. Und Artikel Print: Zahlreiche abschließend noch etwas überaus Bemerkenswertes: Rotifers Video «The Frankfurt Kitchen», eine Ehrung der legendären österreichischen Architektin Margarete Schütte-Lihotzky, die mit ihrem Entwurf der «Frankfurter Küche» international bekannt wurde – fand Eingang in die ständige Sammlung des New Yorker Museums of Modern Art. Erleben Sie bei Sprachsalz neuerlich: Das weite Land der Literatur.

HDH

Bücher- Auswahl:
Artikel in der deutschsprachigen Ausgabe des Rolling Stone Magazine, der Berliner Zeitung, Falter, Profil.

Musik (Auswahl):
«Über uns» Album 2017 Bader Molden Recordings (Rough Trade); «Not Your Door» Album 2016 Gare du Nord Records; «The Cavalry Never Showed Up» Album 2013 Wohnzimmer Records; «The Children on the Hill» Album 2009 monkey; «A Different Cup of Fish» Album 2001 Survival of Defeatist.

www.robertrotifer.co.uk/


Jaroslav Rudiš

Jaroslav Rudis © jan rasch
Jaroslav Rudis © jan rasch

Lebt in Böhmen und Berlin

Der frischgebackene Preisträger der Literaturhäuser  2018 Jaroslav Rudiš ist ein Tausendsassa, ein Multitalent im besten Sinne. Was hat er nicht schon alles gemacht: 5 Romane (auf tschechisch) verfasst, Kurzprosa (auf deutsch) und 9 Theaterstücke und Hörspiele geschrieben sowie den Comic «Alois Nebel» (zusammen mit dem Rockmusiker und Grafiker Jaromir 99) und 2 Bands gegründet: «The Bombers» und die «Kafka Band». Als Publizist arbeitete er für die FAZ, Die Welt, Deutschlandfunk und so weiter. Und dieseListe ist durchaus unvollständig.
Rudiš erzählt von Wendeverlierern, (Alt-)Punks, Frauenhelden, Bahnhofswärtern, Deutschlehrern und MusikerInnen, doch in seinem Fokus ist dabei immer die Geschichte Mitteleuropas, die Geister und Schatten einer dunklen Vergangenheit, die bis in unsere Gegenwart reichen und um uns herumspuken, und seine Romanfiguren sind Einsame dieser Geschichte: «Von Österreich-Ungarn haben wir uns 1918 getrennt, 1938 kamen die Nazis, die alle Juden umgebracht haben. Die vielen Deutschen, die in der Tschechoslowakei lebten, wurden nach Kriegsende vertrieben. Kurz nach der Wende haben wir uns von den Slowaken verabschiedet. Ich wollte ein Buch schreiben über die absurde Einsamkeit, in der wir heute leben», so Rudiš im Nachwort zu «Nationalstraße».

UW

Bücher-Auswahl: Edition Thanhäuser 2018; «Der Besuch von Herrn Horváth» Kurzprosa; «Nationalstraße» Roman 2016; «Vom Ende des Punks in Helsinki»Roman 2014; «Die Stille in Prag», Roman 2012; alle Luchterhand; «Alois Nebel», (zusammen mit Jaromir 99) Comic Voland & Quist 2012.

www.rudis.cz


David Schalko

David_Schalko © Ingo Pertramer
David_Schalko © Ingo Pertramer

Lebt in Wien

Lang lebe Torbergfriedrich und der Kaiser! Denn hätte David Schalko als leidenschaftsbefreiter Student der Betriebswirtschaft nicht im Café Torberg in der Wiener Josefstadt den Weg von Robert («Wir sind Kaiser») Palfrader gekreuzt, hätte es 1997 kein «Zap» gegeben, später keine «Sendung ohne Namen», keinen «Aufschneider», kein «Braunschlag», kein «Altes Geld». Und was hat er, ein Multiversum – Werbetext, Drama,Film- und Theaterregie, Kinofilm, TV-Show, Sexkolumne, Politsatire, Lyrik, nichts ist Schalko fremd (gerade hat er den Film «Der Zauberer» produziert, aktuell arbeitet er an einem Remake von Fritz Langs «M – Eine Stadt sucht einen Mörder», leider ohne Peter Lorre) –, nicht alles für Preise bekommen: die Goldene Romy, die Goldene Olive, den Goldenen Panda!

Sein Roman «Schwere Knochen», aus dem er in Hall lesen wird, ist das Sittengemälde eines Landes namens Österreich. Dem Hamburger Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» fiel dazu sofort Mario Puzos «Der Pate» ein. Nur wunderten sich die Norddeutschen sehr über Schalkos Stil, der wie «eine leicht betrunkene Stimme daherwienert». Ihr Resümee, dem ich nur beipflichten kann: «eine großartige Groteske, vergnüglich und zynisch, beklemmend und erhellend, und sehr, sehr anders.»

AK

Bücher- Auswahl: «Schwere Knochen» Roman Kiepenheuer & Witsch Verlag 2018; «KNOI» Roman Jung und Jung Verlag 2013; «Weiße Nacht» Roman 2009; «Wir lassen uns gehen» Kurzgeschichten 2007; «Frühstück in Helsinki» Roman 2006, alle Czernin Verlag.


Bernd Schuchter

Bernd Schuchter© Peter Gründhammer
Bernd Schuchter© Peter Gründhammer

Lebt in Innsbruck und Wien

Dem Rezensenten des Literaturhauses Wien fiel kein geringerer Vergleich ein alsder mit W. G. Sebald und Golo Mann. Bernd Schuchter würde etwas gelingen, las man da, was große literarische Kunst sei – eine «spiralig umkreisende Charakterstudie eines Künstlers in seiner Zeit, welche so stupend viele Parallelen zu unserer Gegenwart aufweist, ohne dass diese platt eindimensional enggeführt werden, in fast makelloser, blendend durchrhythmisierter Sprache.» Die Rede war von Jacques Callot, dem Zeichner des grausigen Dreißigjährigen Krieges, eines Künstlers also in hochfragilen, extrem instabilen Zeiten. Und die Rede war von: «Jacques Callot und die Erfindung des Individuums», dem Erzähl-Essay Bernd Schuchters.

Gelobt wurde auch, wie schön das Buch gesetzt, gedruckt, gebunden sei. Wovon Schuchter, seit 2006 auch Verleger des Limbus Verlags, jede Menge versteht, von Vor- und Nachsatz, Schusterjungen und Zwiebelfischen, Ablegen und Ebabieren, wie von Betreuung und Pflege einer exzeptionellen Autoren-Menagerie. Jedes Mal, wenn er, fast im Jahresrhythmus, ein neues eigenes Buch herausbringt und dazwischen, davor und danach die Verlagsproduktion, frage ich mich: Wie macht er das nur? So vielseitig und so gebildet zu sein, dabei freundlich und geerdet? Und alles auf gleich hohem Niveau?!

AK

Bücher- Auswahl: «Herr Maschine oder vom wunderlichen Leben und Sterben des Julien Offray de La Mettrie» Braumüller 2018; «Gebrauchsanweisung für Tirol» Piper Verlag München 2017; «Jacques Callot und die Erfindung  des Individuums» 2016; «Föhntage» Roman 2014, beide Braumüller Verlag Wien; «Link und Lerke» Roman Edition Laurin Innsbruck 2013.


www.berndschuchter.at


Andrzej Stasiuk

Andrzej Stasiuk © Monika Sznajderman
Andrzej Stasiuk © Monika Sznajderman

Lebt in  Wołowiec , Polen

Er nimmt den gesellschaftlichen Wandel wahr, aber er ist nicht sein Thema. In Polen kauft man inzwischen auch vorwiegend in Einkaufszentren und nicht mehr auf Straßenmärkten. Trotzdem gibt es nicht wenige Menschen, die zurückgeblieben sind und im?Schatten der Glas- und Marmor-Paläste stehen, spätestens an der nächsten Bushaltestelle sieht man sie: im Winter warm gehalten von dicken Schichten aus Röcken, Jogginghosen, Wollpullovern und alten Skijacken oder bei brütender Hitze im Schatten eines blumengemusterten Sonnenschirms. Ihn treiben die Gedanken zu diesen Menschen um. «Pole sein heißt, der letzte Mensch östlich des Rheins zu sein. Denn für einen Polen sind die Deutschen so etwas wie gut konstruierte Maschinen, Roboter; die Russen dagegen sind schon ein wenig wie Tiere.»
Antrieb für das eigene Schreiben fand er in den Arbeiten der Beat Generation, und das ist – nicht wenige namhafte Vertreter dieser amerikanischen Literatur- und Denkbewegung waren bei uns zu sehen und zu hören – ein weiterer Grund, diese kritische und große Stimme an das Sprachsalz-Festival zu holen.

HDH

Bücher-Auswahl: «Der Osten» Roman 2016; «Hinter der Blechwand» Roman 2011; «Neun» Roman 2002 Suhrkamp Verlag; «Über den Fluss» Erzählungen 2004; «Die Welt hinter Dukla» Roman 2002 alle Suhrkamp Verlag.


Serhij Zhadan

Serhij Zahdan © Hanna Hrabarska
Serhij Zahdan © Hanna Hrabarska

Lebt in Charkin, Ukraine


Sein aktueller Roman «Internat» berichtet aus dem Kriegsgebiet in der Ostukraine, jedoch ohne dass detaillierte geografische Angaben gemacht werden. Der Lehrer Pascha soll seinen kranken Neffen, der in einem Internat am anderen Ende der Stadt untergebracht ist, nach Hause holen. Ganze drei Tage nimmt dieses lebensgefährliche Unterfangen in Anspruch. Dabei wird nie darauf eingegangen, wer gegen wen kämpft, warum gekämpft wird, wer die Bösen sind und wer die Guten. Das alles ist für den Lehrer Pascha nicht von Interesse. Es geht nur ums nackte Überleben im Kriegsalltag. Es ist ein Kampf aller gegen alle. Überall herrscht Misstrauen und Angst. Jeder ist ein möglicher Feind.
In «Internat» bietet Zhadan eine subtile Beschreibung einer Vorhölle, einer nahenden Apokalypse. Jegliche Sicherheit im alltäglichen Leben ist verlorengegangen. Trotz dieser Endzeitstimmung gelingt es dem Autor durch seinen unsentimentalen Stil, einen Sog zu entwickeln, der den Leser fesselt. Die Rückholung des Neffen gelingt, und zwischen ihm und dem Onkel entwickelt sich ein Anflug menschlicher Zuneigung, eine leise Hoffnung in einer hoffnungslosen Zeit.

 

ES

Bücher-Auswahl: «Internat» Roman 2018; «Warum ich nicht im Netz bin. Gedichte und Prosa aus dem Krieg» 2016; «Die Erfindung des Jazz im Dombass» Roman 2010; alle bei Suhrkamp Verlag.