Autor*INNen in Pforzheim 2016

Viv Albertine

Viv Albertine (Foto: Laura Hynd)
Viv Albertine (Foto: Laura Hynd)

Lebt in London, England

 

London Calling. Und wer rief zurück? Jaja, das mit den Siebziger Jahren. Wer sie erlebt hat, kann sich nicht mehr erinnern. Und wer sich erinnern könnte, der hat in den Siebzigern noch gar nicht gelebt. Und trotzdem standen lange in jedem Plattenschrank Alben von «The Clash» und den «Sex Pistols». Und wo waren da die Frauen? Hatte Punk eine weibliche Seite? Yessss – Viv Albertine.

Bevor es «Rrriot Girls» gab, gab es Viv Albertine. Bei den «Flowers of Romance» ließ die 1954 in Australien Geborene (Mutter ­Schweizerin, Vater Korse) neben Sid Vicious die Gitarre kreischen. Und war wenig später, 1977, Mitglied der «Slits», der ersten wirklich autonomen Frauen-Punkband. Mitte der Siebziger Jahre besuchte Albertine die Chelsea School of Art, seit den Achtzigern arbeitet sie als TV-Regisseurin, und sowohl Madonna als auch Courtney Love stehen auf ihren Schultern.

Ihr kluges, witziges, verletzliches Buch, das im Original britisch zurückhaltender «Clothes, Clothes, Clothes. Music, Music, Music. Boys, Boys, Boys» heißt, ist nicht nur Sittenbild. Es geht darin auch ums Überleben. Und um Kreativität. In ihrem Song «Typical Girls» heißt es: «Typical girls / Don’t create / Don’t rebel / Have intuition / Can’t decide». Nun, Viv Albertine hat sich entschieden. Kreativität ist Rebel­lion.

AK

 

Bücher-Auswahl:

«A Typical Girl» 2015 Suhrkamp Verlag,

er­scheint am 9. 5.; «Clothes, Clothes, Clothes. Music, Music, Music. Boys, Boys, Boys» 2014 Faber & Faber.


John Burnside

John Burnside (Foto: Marc Tschudin)
John Burnside (Foto: Marc Tschudin)

Lebt in der Nähe von St. Andrews/Schottland

 

Wie soll ich mich über einen Schriftsteller äußern, dessen Werk mir so eindrucksvoll ist, dass ich lieber gar nichts sagen möchte und nur jedem Menschen, dem man auf der Straße begegnet, seine Bücher in die Hand drücken und ihn überzeugen, nach Hause zu gehen und die Wohnung nicht eher zu verlassen, als dass die letzte Zeile gelesen ist?

Der Schotte John Burnside ist einer der größten Schriftsteller, und das Erinnerungsbuch «Lügen über meinen Vater» sein vielleicht stärkstes Werk. Dort steht im ersten Absatz: «Dieses Buch liest man am besten als ein Werk der Fiktion. Wäre mein Vater hier, um mit mir darüber zu ­reden, gäbe er mir bestimmt recht, wenn ich sage, es sei ebenso wahr zu behaupten, dass ich nie einen Vater, wie dass er nie einen Sohn hatte.» Er spricht/schreibt von gesichtslosen Onkeln, Tanten, Bekannten, Saufkumpanen des Vaters. Mitschüler, Lehrer und Freunde ziehen am Leser vorüber, auf jeder Seite wird von jenem Duell berichtet, das dieser Sohn mit seinem Vater ausfechten muss, ein Duell welches er einerseits annimmt, auf das er andererseits aber auch gern verzichtet hätte. Der ­Roman «Haus der Stummen» ist ein Ort für Kinder, in dem die Kinder aber nicht spielen dürfen; sein Bewohner ein Psychopath, der die ­Grenzen der Moral überschreitet. Sehr appetitlich ist das häufig nicht, was man in den finsteren Gängen liest, denen Burnsides Romane selbst dann ­gleichen, wenn sie «In hellen Sommernächten» heißen. Gott wird gesucht und eine Wirklichkeit gefunden, eine dunkelmagische Hyper­realität nahe am Horror. Voller Exzesse, voll leuchtender Sprachwut. Und diese Sprachwut ist es, was mich ungeheuer fasziniert; und insofern man mein fasziniert sein im Zusammenhang mit dem internationalen Bekanntheitsgrad des Schriftstellers betrachtet, dürfte das bei vielen Lesern und Leserinnen ebenfalls so sein.

HDH

 

Bücher-Auswahl:
«Das Haus der Stummen» 2014 Knaus Verlag München; «In ­hellen Sommernächten» 2013 Knaus Verlag München; «Glister» 2009 Knaus Verlag München; «Die Spur des Teufels» 2008 Knaus Verlag München.


Safiye Can

Safiye Can (Foto: Jaques Fleury-Sintes)
Safiye Can (Foto: Jaques Fleury-Sintes)

Lebt in Frankfurt/Main

 

«Wie viel anderes soll eine Dichterin noch sein, wenn sie eine Dichterin ist?» fragt Safiye Can, in ihrem Band Rose & Nachtigall, in dem sie – ganz Dichterin – auf das alte Motiv der Diwan-Literatur, Rose und Nachtigall (das im türkischen Original den klingenden Namen «gül ile bülbül» trägt) zurückgreift und in die Gegenwart überträgt: «Unterwegs lese ich durchnässte Träume auf/und hänge sie an die Wäscheleine/in meinem Herzen das Herz einer Nachtigall/weiß

nicht, wohin die Lebensleiter anlegen/wohin mit Händen und Füßen/an welches Postfach/die Enttäuschung adressieren.»

In Offenbach am Main ist sie als Kind tscherkessischer Eltern geboren, ihre erste Muttersprache war das Türkische, in der Schule lernte sie Deutsch und begann bald, Gedichte zu schreiben. Ihre Texte leben von einem­ mutigen Bilderreichtum und zeigen, dass Heimat, auch die sprachliche, nicht auf einen einzigen Ort reduziert sein muss: «Vielleicht ist Heimat eine Zeile Kurt Cobain/ein Vers Attilâ Ilhan / eine tausendjährige Sehnsucht, ergraut das Haar / der Regenduft auf dem Ackerland/ein Blick aus dem Fenster, schwarzweiß/ein Furchenweg mit Laub am Herbsttag/oder Onkel ­Cemil mit Wollmütze, wenn er lacht.»

UW

 

Bücher-Auswahl:

«Rose und Nachtigall» Gedichte 2014, «Diese Haltestelle hab ich mir gemacht» Gedichte 2015 beide Verlag Größenwahn, «Das Halbhalbe und das Ganzganze» Kurzgeschichte 2014 Verlag Literatur Quickie.

www.safiyecan.de

 


Jòn Gnarr

Jon Gnarr (Foto: Teitur Jonasson)
Jon Gnarr (Foto: Teitur Jonasson)

Lebt in Reykjavík, Island

 

Indem Menschen reflektieren, inwiefern bestimmte Erfahrungen ihre Persönlichkeit geformt haben, gelingt es ihnen leichter, trotz ständiger Veränderungen eine andauernde Identität herzustellen und aufrechtzuerhalten. «Hören Sie gut zu und wiederholen Sie!!!» ist ein Buch voller Authentizität, Lebensstärke und Überraschungen. Es kann ziemlich erhebend sein, den Pfad des Gestrengen zu verlassen, sowohl den Pfad des gestrengen Lesers sowohl als auch den Pfad des gestrengen Schriftstellers. In seiner Autobiographie «Indianer und Pirat/Kindheit eines begabten Störenfrieds» schildert Gnarr eine Kindheit im Ausnahmezustand: Probleme mit dem Schulsystem, ein schwieriges Verhältnis zu den überforderten Eltern, das Aufkeimen der Neigung für die Idee des Anarchismus; überall eckt der junge Jón an, macht sich Feinde. Dabei entdeckt der gegen eine wenig tolerante Mitwelt ankämpfende Störenfried jene Ideale, für die er später als Politiker kämpfen wird: Gewaltlosigkeit und speziell seine Art, die Dinge nicht zu ernst zu nehmen. Er macht Mut, denn auch ohne Schulabschluss kann man auf dem Bürgermeistersessel einer Hauptstadt landen: Er regiert von 2010 bis 2014 als Bürgermeister die isländische Hauptstadt Reykjavík. Auf seiner Liste der Partei kandidierten unter anderem Musiker, Schauspieler, Comic-Zeichner. Punkte aus dem Wahlprogramm: Offene statt heimliche Korruption / Kostenlose Handtücher für die Schwimmbäder / Ein Eisbär für Reykjaviks Zoo. Es ist uns gelungen, ihn zu «bestechen», die Sprachsalz-Bühne in Pforzheim zu erobern. Das sollten Sie sich nicht ent­gehen lassen.

HDH

 

Bücher-Auswahl:

«Hören Sie gut zu und wiederholen Sie!!!» 2014; «Indianer und Pirat/Kindheit eines Stören­frieds» 2015 beide Tropen Verlag. 

 


Takashi Hiraide

Takashi Hiraide (Foto: Takewaki_of_rengo)
Takashi Hiraide (Foto: Takewaki_of_rengo)

Lebt in Tokio, Japan

 

Ein kinderloses Ehepaar, ein kleines Haus, ein Garten, eine Katze. Mehr braucht Takashi Hiraide nicht, um uns Leser ganz sacht, beinahe vorsichtig, unsere Spielchen um Macht, Anerkennung, und die Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit und Freiheitsdrang vor Augen zu führen. In Japan längst als einer der wichtigsten zeitgenössischen Autoren anerkannt, in den USA und England bereits in den Bestsellerlisten angelangt, ist Hiraide im deutschsprachigen Raum noch immer ein zu entdeckender Schriftsteller.

Wohl auch deshalb, weil wir hierzulande stur darauf beharren, dass wir das Asiatische an sich, das Japanische a) sofort erkennen und b) natürlich auch dabei den Weizen von der Spreu zu trennen ver­stehen. Unsere derzeitigen Innenbetrachtungen lassen nicht mehr viel Raum für den Blick nach außen. Die Zäune, die wir errichtet haben, beengen unsere Aussicht. Hiraides Katze streunt durch den Garten, nimmt sich alle Katzenfreiheiten, ist bedeutungslos für das große Weltgeschehen und verändert doch alles in ihrer Umgebung. Chibi, die Katze, wird zu unserer einzigen Hoffnung, sie nährt unsere Sehnsucht nach dem Leben, das schon Adalbert Stifter mit seinem sanften Gesetz so unsanft oft in seinen Texten beschrieben hat. Chibi hellt kurz unseren Alltag auf, und bevor wir begreifen was passiert ist, ist sie verschwunden. Zurück bleibt die vage Erinnerung an etwas Gewesenes.

PG

 

Bücher-Auswahl:

«Der Gast im Garten» 2015 Insel Verlag; «For the Fighting Spirit of the Walnut» Gedichte 2008 New Directions; «Postcards to Donald Evans» 2003 Tibor de Nagy Editions;

www.takashihiraide.com

 


Jack Hirschman

Jack Hirschman (Foto: Sprachsalz F.Schneider)
Jack Hirschman (Foto: Sprachsalz F.Schneider)

Lebt in San Francisco

 

Jack Hirschman, geboren 1933, ist in der Bronx aufgewachsen. Nach dem Studium schlug er eine akademische Laufbahn ein, wobei seine Arbeit als Dichter und politischer Aktivist stets im Mittelpunkt stand. Er pflegte zwar enge Kontakte zu Beatautoren wie Ginsberg oder Bukowski, aber als Poet wurde er von den politischen Dichtern wie Majakowski, Neruda oder Depestre geprägt. Er unterrichtete an der Universität von Kalifornien (wo zu seinen Studenten auch der Doors-Sänger Jim Morrison gehörte). Sein politisches Engagement gegen den Vietnam-Krieg kostete ihn seine Anstellung, als er seine Studenten aufforderte, den Kriegsdienst zu verweigern.

Nach seiner Entlassung übersiedelte er Mitte der 70er Jahre nach San Francisco, wo er als street poet auftrat (zusammen mit Jack Micheline). Legendär seine Auftritte in Bars und Cafés wie dem Vesuvio, Trieste oder Specs. Der San Francisco Chronicle schrieb über ihn: «Hirschman ist ein ebenso sanfter wie harter Bursche mit einer stählernen Faust in seinem Samthandschuh.»

Er hat mehr als 100 Bücher publiziert und übersetzte Texte aus 13 Sprachen ins Englische. Sein Hauptwerk sind die «Arcanes», an denen er seit vierzig Jahren arbeitet. Inzwischen liegen zwei Bände vor, die über 1000 Seiten umfassen. Bei Sprachsalz wird er aus vielen seiner Bücher lesen und das Publikum wird erleben können, weshalb „spoken word“ in den USA geboren wurde.

ES

 

Bücher-Auswahl:

„Who cares“ Gedichte deutsch/englisch 2012 Edition Baes, Zirl; „Das sowjetische Ehrenmal Arkanum“ Gedichte in 13 Sprachen Edition Baes, Zirl; „All that‘s left“ 2008 City Lights San Francisco; „The arcanes“ 2006 Multimedia Salerno, Italy; „Only dreaming sky : poems“ 2007 Manic D Press San Francisco; „Front lines : selected poems“ 2002 City Lights San Francisco.

 


Vigdis Hjorth

Vigdis Hjorth (Foto: Kjell Ruben)
Vigdis Hjorth (Foto: Kjell Ruben)

Lebt in Nesøya, Norwegen

 

Stellen Sie sich vor: Sie haben Ausländer in Untermiete, die veranstalten ein Grillfest und laden Sie nicht ein (obwohl Sie – würden Sie gefragt – diese Einladung sowieso nicht annehmen würden). Schlimm? Ja ... schlimm. Ertappt ...? Aber, dass man gefragt wird, das erwartet man durchaus. Von der Normalität auf beiden Seiten ist in diesem Buch zu lesen. Eine Geschichte die aufregt, bravourös erzählt. Vigdis Hjorth wurde 1959 in Oslo geboren, machte 1983 ihren Studienabschluss in Ideengeschichte, Politikwissenschaften und Literatur.

Diese Autorin aus Norwegen gilt es zu entdecken. In ihrer Heimat ist sie bekannt für ihre Essays und Diskussionsbeiträge zu aktuellen gesellschaftlichen Themen, für ihren scharfen Blick auf Alltags-Sexismus, rassistische Vorurteile und Verhaltensweisen. Auch für ihre mitreißenden Lesungen wird sie sehr geschätzt. Im Roman «Ein Norwegisches Haus» zeichnet sie eine Figur die einem einige Seiten lang zutiefst unsympathisch ist und dann, mit einem Mal wieder sympathisch, für wiederum einige Seiten. Hin und her gerissen ist man. «Die Polin hatte also vor, noch viele Jahre lang in der Wohnung zu bleiben. Und das war ja an sich in Ordnung, denn es bedeutete Vorhersehbarkeit, und es ist anstrengend, die Mieter zu wechseln, aber Alma konnte sich nicht von dem Gedanken befreien, dass die Polin sich doch ein wenig zu sehr zu Hause fühlte.» Mich hat das Buch – indem mich dessen Text – wie erwähnt – abwechselnd einmal in eine Ablehnung dann wieder Zustimmung mit dem Handeln der Protagonisten versetzte – beeindruckt und ich bin überzeugt, den Besuchern der Lesungen von Vigdis Hjorth wird es ebenso ergehen. Für mich persönlich eine (überzeugende) Entdeckung.

HDH

 

Bücher-Auswahl:

«Ein Haus in Norwegen» 2015 Osburg Verlag Hamburg; «Tilla liebt Philipp» 1992 Verlag Sauerländer; «Hand aufs Herz» 1991 Verlag Sauer­länder.

 


Claire Keegan

Claire Keegan (Foto: Murdo MacLeod)
Claire Keegan (Foto: Murdo MacLeod)

Lebt in Wexford, Irland

 

Irland ist berühmt für seine Erzähltradition, und eine der jüngsten Entdeckungen der grünen Insel ist Claire Keegan. Ihre knappen und dichten Erzählungen über die verschlungenen Wege des Alltags sprechen von Frauen und Männern, die ebenso nüchtern wie verzweifelt ihrem Weg folgen, der oft genug nicht glücklich endet. Und manchmal überraschenderweise dann doch: so etwa in ihrer jüngst auf Deutsch erschienen Erzählung «Das dritte Licht», in der ein Mädchen für einen Sommer zu Pflegeeltern kommt. Das anfänglich als Bedrohung empfundene neue Leben wird zum großen Glück mit vielen kleinen Wundern.

Als Leser und Leserin folgen wir diesen Wundern, die ebenso einfach wie auch kunstvoll in die Geschichte eingewoben sind wie auch etlichen Rätsel, die bis zuletzt nicht alle gelöst werden. Für diese wahrhaft wundervolle Erzählung, die Richard Ford einen «Drahtseilakt von ungewöhnlicher Virtuosität» nennt, hat die Autorin den renommierten Davy Byrnes Award erhalten.

Entdeckt haben wir Claire Keegan bei einem Besuch in Irland, als wir den Übersetzer Hans-Christian Oeser kennen lernten, der neben Büchern von Brendan Behan, Bernard Mac Laverty, Ian McEwan, Muriel Spark eben auch Claire Keegan übersetzt, Hans-Christian Oeser hat neben dem Übersetzen eine zweite Leidenschaft: Er liest verdammt gerne und gut vor. Deshalb begleitet er Claire Keegan bei ihren Lesungen, als «erstklassige und angemessene deutsche Stimme» (FAZ).

MK

 

Bücher-Auswahl:

«Das dritte Licht» 2015 Erzählung; «Durch die blauen Felder» Er­zählungen 2008, «Wo das Wasser am tiefsten ist» 2004 Erzählungen Steidl Göttingen, «Antarctica» 1999 Faber & Faber London.

 


Rolf Lappert

Rolf Lappert (Foto: René Lappert)
Rolf Lappert (Foto: René Lappert)

Lebt in Zofingen, Schweiz

 

 

«Mannezimmer?», schon gehört, war das nicht eine Soap im Schweizer Fernsehen? Rolf Lappert nickt, er schrieb für diese in der Schweiz extrem erfolgreiche Serie. Wir zwei waren damals gerade auf dem Weg in ein altehrwürdiges Fußballstadion in Wien zum Spiel zwischen den beiden Nationalmannschaften der Autoren. Die Schweizer haben 1:7 gegen die Österreicher verloren, aber Rolf Lappert stand vor einem großen Erfolg als Schriftsteller, denn der Bestseller «Nach Hause schwimmen» sollte erst noch das Licht der Buchhandlungen erblicken. Mit diesem Roman räumte Lappert Preise und Komplimente en masse ab, dies zurecht; seine Geschichten greifen weit aus, erzählen vielstimmig mit dem Sinn fürs Wesentliche des Lebens um den Puls der einzelnen Figuren spüren zu lassen. Er sagte mal, dass er beim Schreiben sehr störanfällig sei, ja sogar eine einzelne Fliege könne ihn aus dem Konzept bringen. Freuen Sie sich auf ihn hier in Pforzheim; und wenn Sie ihn mit einer Fliegenklatsche durchs Parkhotel gehen sehen, dann freuen Sie sich gleich nochmal, nämlich auf seinen nächsten Roman.

 

UHA

 

 

Bücher-Auswahl:
«Die Erotik der Hotel­zimmer» Lyrik 1982 Verlag Nachtmaschine Basel; «Der Himmel der perfekten Poeten» Roman 1994; «Die Gesänge der Verlierer» Roman 1995 beide Nagel & Kimche Zürich; «Nach Hause schwimmen» Roman 2008; «Auf den Inseln des letzten Lichts» Roman 2010; «Pampa-Blues» Jugendroman 2012; «Über den Winter» Roman 2015, alle Hanser Verlag München.

 


OHNE ROLF

OHNE ROLF (Foto: Blattrand_print)
OHNE ROLF (Foto: Blattrand_print)

Leben in Luzern, Schweiz

 

Nun, es ist möglich: Eine öffentliche ­Lesung ohne Lärm, wenn man vom ­Lachen des Publikums mal absieht.

1999 stellten sich Christof Wolfisberg und Jonas Anderhub – heute „Ohne Rolf“ - mit ernster Miene auf die Straße und hielten A4-Blätter hoch, mit Aufschriften wie «Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu ­sehen» und «Hier gibt es wirklich nichts zu sehen». Die Ver­blüffung der Passanten war perfekt. Aus den Blättern wurden mit der Zeit ­Plakate. Nach ersten Auftritten begeisterten die beiden mit verschiedenen Programmen landauf, landab und über die Grenzen hinaus alle, die buchstäblich gerne zwischen den Zeilen lachen.

Die Bonner Rundschau schrieb: «Das Publikum erlebte die originellste, sympathischste und abgedrehteste Mischung aus absurdem Theater und philosophischem Kabarett, die zurzeit auf Kleinkunstbühnen zu sehen ist.» 2015 gewannen die beiden den Deutschen Kabarett-Preis mit der Begründung: «Die Plakat-Künstler haben dem Kabarett eine neue Dimension eröffnet.» Und dies tun sie nun auch hier in Pforzheim. Wenn sich also lautes Publikumslachen mit Papierrascheln abwechseln, dann sind sie da: Bei Sprachsalz Pforzheim haben sie nur einen einzigen Auftritt, nämlich beim großen Festabend am Samstag.

UHA

 

Bühnen-Stücke:

Blattrand 2004; Schreibhals 2008; Unferti 2012; und ein Stück in Arbeit.

www.ohnerolf.ch


Gerhard Rühm und Monika Lichtenfeld

Monika Lichtenfeld, Gerhard Rühm (Foto: sprachsalz)
Monika Lichtenfeld, Gerhard Rühm (Foto: sprachsalz)

Leben in Wien und Köln

 

«Ein Künstler, der in Österreich lange Jahre damit rechnen musste, nur Prügel einzustecken, darf im Alter damit rechnen, gefeiert zu werden. Gerhard Rühm verließ in den frühen sechziger Jahren sein Land, weil er hier keinen Fuß auf den Boden brachte.» So vermerkte Anton Thuswaldner in der NZZ. Und mehr denn je ist er einer der großen österreichischen Dichter, insofern man den Zustand der zeitgenössischen österreichischen Literatur betrachtet, welche für mich persönlich als bedauernswert anzusehen ist; bis auf die Werke von Schriftstellern - wie etwa Michael Stavarič, Hanno Millesi, Anita Augustin oder Elias Schneitter. Nicht mehr viele sind es, die präzise mit Sprache umzugehen wissen.

«Für mich hat die Zerstörung der Sätze etwas zu tun mit einer Demokratisierung der Sprache», sagt Rühm. Er pflückt alle sicher geglaubten semantischen und semiotischen Gleichungen auseinander, setzt komplexe Klangstrukturen zu skurrilen Geschichten zusammen, das Triviale, die Worthülsen werden zu scharfen Redewendungen: «Das Seufzen der Pferde beim Zügeln / Das Seufzen der Hemden beim Bügeln».

Und was ich als besonders schön empfinde ist, dass man seine Arbeit wohl von Vorbildern herleiten kann; zu vergleichen aber ist sie mit keiner anderen Arbeit Rühm ist und bleibt einzigartig. Und selbstverständlich ist auch seine Wegbegleiterin Monika Lichtenfeld dabei, die ihn nicht nur als ­Musikwissenschaftlerin und Herausgeberin zahlreicher Werke begleitet, sondern auch als kongeniale Bühnenpartnerin. Sie sehen und hören mit den zweien ein Stück der großartigsten deutschsprachigen Gegenwartsliteratur; glauben Sie mir, ein unvergessliches Erlebnis.

HDH

 

Bücher-Auswahl:

«Gesammelte Werke Band 3.1: auditive musik» herausgegeben von Monika Lichtenfeld 2013 Matthes & Seitz Berlin; «Rosenkränze und Kettengedichte» 2011, Officin Albis Hannover; «Lügen über Länder und Leute» 2011 Vollständige Erzählungen und Gedichte 2011 Verlag Ritter Klagenfurt; «masoch Eine rituelle Rezitation» 2003 Droschl Verlag Graz; Die Wiener Gruppe. 1985 Rowohlt Verlag.


Ed Sanders

Ed Sanders (Foto: sprachsalz)
Ed Sanders (Foto: sprachsalz)

Aktuelle Mitteilung: Ed Sanders ist leider aus familiären Gründen verhindert, seine Lesungen werden ausfallen leider.

 

Lebt in Woodstock, USA

 

«The best authors create their vision of the world; they don’t photograph it. » Dieses Kunst-Credo hat Henry Miller formuliert, und es passt haarscharf auf die Ambitionen und Leidenschaften der Beatgeneration, die eine neue Welt, ein neues Lebensgefühl, «ihr Amerika», ihren «way of life» als Vision formulierten und auch lebten.

Ed Sanders wurde 1939 in Kansas City geboren. Er gehörte zu den bestimmenden Kräften in der Beat- und später in der Hippiebewegung. Obwohl er zu den zentralen Figuren dieser Bewegung zählte, hat er sich - und das gefällt mir an seiner literarischen Arbeit besonders - stets einen objektiven Blick bewahrt und nicht nur ihren Glanz, sondern auch die Lächerlichkeiten zum Thema gemacht.

In den Sechzigerjahren gründete er mit Tuli Kupferpferg die legendäre Gruppe «The Fugs», er gab die Untergrundzeitschrift «Fuck you» heraus und führte jahrelang in der Lower East Side die Buchhandlung «Peace Eye Bookstore», die ein Treffpunkt der Beats war. In seiner Trilogie «The Glory of the Beats» tauchen all jene Typen vom Village auf, die damals die Szene beherrschten. Ende der Sechzigerjahre übersiedelte er nach Kalifornien und schrieb seinen Weltbestseller «The Family», wo es um neunfachen Mord ging, unter anderem an Sharon Tate durch die Satanisten-Gruppe um Charles Manson. Heute gibt Ed Sanders das «Woodstock Journal» heraus, schreibt eine Geschichte über Amerika in Versform, macht Musik und tritt als Umwelt- und Antikriegsaktivist auf.

ES

 

Bücher-Auswahl:

«America, a History of Verse» Vol. 3 2004; Vol. 2 2001; Vol. 1 2000 alle erschienen bei Black Sparrow Press; «East Side Blues» 2002; «Die Freaks von Greenwich Village» 1998; «Der Sommer der Liebe» 1997 alle bei Hannibal Verlag; «The Family» 1971 Neuauflage 2002 rororo.

 


Christoph Simon

Christoph Simon (Foto: adrian_moser)
Christoph Simon (Foto: adrian_moser)

Lebt in Bern, Schweiz

 

Es ist schon sehr lange her, als sich der junge Schriftsteller Christoph Simon im Bahnhofsrestaurant in Solothurn für ein Interview mit mir an den Tisch setzte. Heute ist die Kneipe durch ein Bistro ersetzt worden, aber der Autor wirkt noch immer so frisch wie damals. Von seinem ersten Roman mit dem Titel «Franz oder warum Antilopen nebeneinander laufen» sind bis heute Bücher erschienen, die allesamt in jedes Bücherregal gehören.

Irgendwie machte er dann in seiner Karriere eine Art Umkehrschub: Nachdem er Romane schrieb, an Literaturfestivals und in Literaturhäusern las, steht er nun auf Bühnen als literarischer Kabarettist oder als Poetry Slammer vor 800 Menschen in einer riesigen Halle in Zürich. Der Verfasser dieses Artikels war Zeuge des soeben erwähnten Anlasses. Da fetzten, lallten und kalauerten die anderen Spoken-Worder, was das Zeug hielt, und dann tritt dieser Christoph Simon völlig unaufgeregt und entspannt ans Mikro und beginnt zu reden. Ohne Halligalli erzählt er Sachen dergestalt, dass der Applaus seine Mitbewerbenden von der Bühne fegt. Und irgendwie genau so sind seine Bücher. Beginnt man sie zu lesen, dann nehmen seine Geschichten ganz sachte Fahrt auf, bis es zu spät ist, aufzuhören.

UHA

 

Bücher-Auswahl:

«Franz oder warum Anti­lopen nebeneinander laufen» 2001; «Planet Obrist» 2005; «Spaziergänger Zbinden» 2010; «Viel Gutes zum kleinen Preis» 2011 alle Bilger Verlag Zürich.

www.christophsimon.ch

 


Patricia Smith

Patricia Smith (Foto: Marc Tschudin)
Patricia Smith (Foto: Marc Tschudin)

Lebt in Howell, New Jersey

 

Als man in der deutschsprachigen Literaturwelt noch meinte, Slam sei falschgeschriebener Schlamm, hat Patricia Smith genau damit in den USA begonnen. In den wilden späten 80er Jahren der aufsteigenden Spoken Word und Slam Szene in Chicago stieg sie auf wie ein Komet, gewann mehrfach die größten Wettbewerbe wie den National Poetry Slams.

Sie mag auch deshalb so viel Erfolg haben, weil ihre Gedichte nicht nur auf Rhythmus, Effekt und Witz beruhen (womit sich Slammer manchmal zufrieden geben), sondern auch sprachlich kunstvoll, voller raffinierter erzählenden Momente und nicht zuletzt politischen Botschaften sind, von denen manche so kraftvoll sind, dass sie heiße Debatten entfachten, was – heutzutage oft vergessen – eine der wichtigsten Funk­tionen gerade von Lyrik sein kann.

Sie beobachtet Szenen im Alltag, schlüpft in ihren Gedichten oft in ihre Figuren, sei dies die sterbende Frau am Rand der Katrina-Überschwemmung oder ein Skinhead (allein die Youtube-Version dieses Gedichts erhielt zig kontroverse Kommentare) und erzählt aus diesen Positionen in einem unnachahmlichen Rhythmus.

Wir freuen uns wahnsinnig, dass sie dieses Jahr bei Sprachsalz Pforzheim die Bühne zum Vibrieren bringt mit ihrer Stimme. Denn diese Frau ist ein garantiertes ­Bühnen-Erlebnis: Verpassen Sie sie nicht!

MK

 

Bücher-Auswahl:

«Gotta Go, Gotta Flow» Fotobuch gemeinsam mit Michael Abramson 2015 CityFiles Press; «Shoulda Been Jimi Savannah» Gedichte 2012; «Blood Dazzler» Gedichte zum Hurrikan Katrina 2008; «Teahouse of the Almighty», 2006 alle bei Coffee House Press Minneapolis; «Janna and the Kings» Kinderbuch 2003 Lee & Low; «SLAM! Poetry: Heftige Dichtung aus Amerika» Anthologie 1993; «Close to Death» Gedichte, 1993 Big Towns; Cambridge.

http://wordwoman.ws/

 


Michael Stavarič

Michael Stavarič (Foto: mcpublish)
Michael Stavarič (Foto: mcpublish)

Lebt in Wien, Österreich

 

Gäbe es eine völlig unwissenschaftliche Enzyklopädie der Romanciers, so wäre Michael Stavarič bei den Mikrokosmoliten und dort in der Untergruppe der Fragmentarier zu finden. Was allerdings nicht bedeuten soll, dass Stavarič haarspalterisch Erbsen zählt und dabei den Blick für das große Ganze verliert. Er erzählt Geschichten von Liebe, Verrat, Tod und der Kindheit. Seine Romane inszenieren Immobilienmaklerinnen, Metzgerinnen oder Zoohändler, Waisenkinder, Tiere, Brandstifter, Schwerenöter und mehr oder weniger toughe Frauen – immer mit einem Blick auch fürs Über-Reale.

«Michael Stavaričs Schreiben» so Beate Tröger im Chamisso-­Magazin «ereignet und entwickelt sich zwischen Gegensätzen und Spannungsverhältnissen, zwischen Rückgriffen auf Erzählmuster und der Abkehr von ihnen, zwischen anarchischer Spontaneität und Refle­xion, zwischen einem Verwirbeln und Ordnen der Worte.»

Ein besonderes Anliegen des 1972 in Brno/Tschechien geborenen und heute in Wien lebenden Autors sind außerdem seine Bilderbücher, die – wie auch die Romane – vielfach ausgezeichnet wurden und so schöne Titel wie «Gaggalagu», «Gloria nach Adam Riese» oder «Die kleine Sensenfrau» tragen.     

UW

 

Bücher-Auswahl:
«Der Autor als Sprachwanderer» Stefan Zweig Poetikvorlesungen 2016 Sonderzahl Wien; «Milli Hasenfuß» Kinderbuch 2016 Kunstanstifter Mannheim; «Königreich der Schatten» Roman, 2013; «Brenntage» Roman 2011 beide C.H.Beck München; «Böse Spiele» Roman 2011 dtv-Taschenbücher München; «Nadelstreif & Tintenzisch» Ein Bestiarium 2011 Haymon Innsbruck.
facebook.com/stavaric

 

 

 


Martin von Arndt

Martin Von Arndt (foto: Ansgar Noth)
Martin Von Arndt (foto: Ansgar Noth)

Lebt bei Stuttgart und in Essen

 

Bevor das Manuskript fertig ist, um eine Übersetzung kümmern! Schreibt Fragmente! Kokettiert mit Magersucht! Wenn Drogen, dann nur Ecstasy! Verurteilt Umweltverschmutzung, rechnet mit den 68er-Eltern ab, baut medizinische Igitt-Vorgänge ein und Kurt ­Cobain (steht stellvertretend für: Jugend, Sex, Tod, Amerika), dazu (als Symbol) Aids und am Schluss eine Technoparty (was der Verleger eh nicht versteht).

Was Martin von Arndt, 1968 als Sohn ungarischer Eltern in Ludwigsburg, Baden-Württemberg, geboren, Autor und Musiker, zu Zeiten auch Schreinergehilfe und Wahlkampfmanager, seiner Kollegenschaft als «Tipps» mitgibt, ist natürlich zum Haareraufen, weil hell leuchtend ironisch. Immerhin ist er Thaddäus-Troll-Preisträger des Jahres 2010. So lustig wie fragil sind die literarischen Welten seiner Romane, die Existenz des Internetprofigamers Kovács, des Musikers Julio, einem Deutschen in Innsbruck, in «Der Tod ist ein Postmann mit Hut» (ein Buch für «alte Rock’n’Roller», so die diesbezüglich unverdächtige Elke Heidenreich), Wasil, der in Lukaschenkos Minsk gebeutelt wird, oder Kommissar Andreas Eckart, der anno 1921 in Berlin den Mord an einem Planer des Genozids an den Armeniern aufzuklären hat. Leichtfüßig ist alles von Martin von Arndt, einem der wenigen deutschsprachigen Schelmenromanciers, die wir derzeit haben.

AK

 

Bücher-Auswahl:

«Tage der Nemesis» 2014 ars vivendi Verlag; «Oktoberplatz» 2012; «Der Tod ist ein Postmann mit Hut» 2009; «ego shooter» 2007, alle Klöpfer & Meyer Verlag.

www.vonarndt.de

 


Joachim Zelter

Joachim Zelter ( Foto: Yvonne Berardi)
Joachim Zelter ( Foto: Yvonne Berardi)

Lebt in Tübingen

 

Vielleicht liegt es an seinem unprätentiösen Auftreten, dass Joachim Zelter - trotz seiner Romane die das Dutzend übersteigen und der zahlreichen Bühnenstücke - noch immer ein Geheimtipp ist. Daran änderte auch die Nominierung zum Deutschen Buchpreis nichts und auch nicht die vielen Auszeichnungen, die er bereits erhielt. Ob er über die Begegnung eines Lehrers mit seinem ehemaligen Lieblingsschüler schreibt, wie in seinem aktuellen Buch «Wiedersehen» oder Heinrich Manns «Untertan» als «untertan» neu erzählt: seine Feder ist zeitlos, spitz, satirisch und frech. «Zelter, dessen Bücher von ihrem humoristisch-ironischen Ton leben, überzeichnet seine Figuren so gnadenlos und zugleich, als würde ein Karikaturist lediglich einen ganz groben Bleistift zur Verfügung haben, dabei aber durchaus seinen eleganten Stil bewahren wollen - das ist intendiert und ergibt einen schönen befremdlichen Effekt» so Ulrich Rüdenauer in der «Süddeutschen Zeitung».

Und zum großen Glück seiner Zuhörer liest Joachim Zelter ebenso brillant, wie er schreibt.

UW

 

Bücher-Auswahl:

«Wiedersehen» 2015; «Einen Blick werfen.Literaturnovelle» 2013; «untertan» Roman alle bei Klöpfer & Meyer Tübingen.

www.joachimzelter.de

 


Nell Zink

Nell Zink (Foto: Fred Filkorn)
Nell Zink (Foto: Fred Filkorn)

Lebt in Bad Belzig

 

Nell Zinks Debütroman hat einen Vogel. Keine Meise, sondern einen Mauer­läufer, der hin und wieder «Twii» sagt und Rudi genannt wird. Zink, in Kalifornien geboren, promovierte in Tübingen und lebt heute in Brandenburg. Durch ihren Briefwechsel mit Jonathan Franzen (natürlich zum Thema Ornithologie), der sie ermutigte, nicht nur für ihre Freunde, sondern auch für die Öffentlichkeit Bücher zu schreiben, entstand «Der Mauerläufer» – ein skurriler, großer und gleichzeitig schmaler Roman über die Liebe, über Sex, über Beziehungen, über Umweltschutz, ein bisschen über Berlin und natürlich auch: über Vögel. «Nell Zink ist eine außerordentlich talentierte, außerordentlich vielseitige Schriftstellerin», sagt Jonathan Franzen über sie, «was sie schreibt, führt die Möglichkeit, dass die Welt größer und sonderbarer ist als die, die man zu kennen meint, eindringlich ins Feld. Kaum zu glauben, aber ihre Sätze und Geschichten sind so stark und überzeugend, dass man sich ihnen nicht entziehen kann.» Und genau darum haben wir uns entschlossen, beim ersten Pforzheimer Sprachsalz Festival unserem Publikum den Vogel zu zeigen: Nell Zinks «Mauerläufer».

UW

 

Bücher-Auswahl:

«Der Mauerläufer» 2016 Rowohlt; «The wallcreeper» 2014 Dorothy, a publishing project.

 


Yannick Haenel - in Kooperation mit dem Theater Pforzheim

Yannick Haenel  (Foto: Catherine Helie)
Yannick Haenel (Foto: Catherine Helie)

Autorengespräch, Lesung und exklusive Probenausschnitte anlässlich der bevorstehenden Theater-Uraufführung «Die bleichen Füchse» nach dem gleichnamigen Roman von Yannick Haenel.

 

Das Theater Pforzheim (Intendant: Thomas Münster­mann) reali­siert im Juni 2016 die Welt-Urauf­führung der Bühnenadaption von Yannick

Haenels Roman «Die bleichen Füchse», der nicht nur in Frankreich, sondern auch hierzulande für Aufsehen gesorgt hat. Vor dem Hintergrund der europäischen Herausforderungen im Umgang mit dem Thema Migration und Flucht enthält der Text höchste Brisanz. ­Yannick Haenel erzählt von der «Festung Europa» und konfrontiert uns mit einer aufwühlenden Geschichte. Sein Prota­gonist ist ein französischer Bürger, der seinen festen Platz in der Gesellschaft hatte. Doch er verliert erst seine Arbeit, dann seine Wohnung und gerät auf die Seite derer, die nichts haben. Jean Deichel ist dreiundvierzig Jahre alt, als er in ein Auto zieht. Das Paris, das er nun entdeckt, ist eine ganz andere Stadt als die, die er bislang kannte. Es ist die Stadt der Migranten. In Hinterhöfen sieht er seltsame Graffiti. So gerät er auf die Spur der «bleichen Füchse», einer nach einer Gottheit der Dogon benannten Vereinigung von Migranten aus Mali.

Der französische Schriftsteller Yannick Haenel wurde 1967 in der Bretagne geboren und gehört zu den am meisten diskutierten zeitgenössischen Autoren Frankreichs. Seine Kindheit und Jugend hat er in verschiedenen Ländern Afrikas – in Niger, im Senegal und in Djibouti – verbracht. Heute lebt er in Paris und wird extra zum Festival nach Pforzheim anreisen.

Tom Gerber, Ensemblemitglied am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und freier Regisseur, inszeniert die Pforzheimer Uraufführung. Er hat aus der Romanvorlage eine Bühnenadaption für ein sechsköpfiges Ensemble erstellt, das durch einen Bürgerchor ergänzt wird. Das Publikum erwartet eine gesellschaftspolitisch hochaktuelle Produktion, die für reichlich Diskussionen sorgen wird.

Regisseur Tom Gerber wird gemeinsam mit dem Autor Yannick Haenel Passagen aus dem Roman vorstellen. Chefdramaturg Peter Oppermann führt in das Werk von Haenel sowie in das Projekt ein und initiiert eine Diskussion über den literarischen Stoff.

Am Samstag, den 7.5. um 15:00 Uhr (Salon Osijek Parkhotel) liest Yannick Haenel begleitet von Tom Gerber Ausschnitte aus dem Roman „Die bleichen Füchse“.

Am Sonntag um 17 Uhr (kleiner Saal CC) Ausschnitte aus dem Roman in szenischer Form, ein Vorgeschmack auf die Premiere im Theater am 3. Juni. Einführung: Peter Oppermann, Chefdramaturg Theater Pforzheim.

 

Text: P. Oppermann

 

Mit: Yannick Haenel, Tom Gerber sowie den Schauspielern Antonia Schirmeister, Jula Zangger; Tobias Bode, Sergej Gößner, Henning Kallweit, Jean-Claude Mawila.