Autor*INNEN 2015

Amina Abdulkadir

Lebt in Basel

 

Sie flackern unruhig, die Kerzen auf den Tischen im Theaterkeller.Ein älterer Herr sortiert die Gläser hinter der Bar und irgendjemand fingertnoch an einem Scheinwerfer mit Wackelkontakt herum. Amina Abdulkadir sitzt aufeinem Sofa, schaut sich um und ich weiß nicht, ob sie vor ihrem Auftritt nervösist. Sie ist jung und präsent. Sie hat schon sehr viele Auftritte auf Bühnenund an Ausstellungen hinter sich und gewiss, es kommt noch mehr auf sie zu. Alses soweit ist, hier im Kellertheater, steht sie da, als wüsste sie nicht wieso.Die Stille scheint aus den vollen Reihen wie eine große und leere Sprechblaseaufzusteigen. Und diese beginnt Amina nun mit ihrer Poesie zu füllen. Mitsinnierender Ironie ... oder mit Charme bestücktem Witz ... auf jeden Fall miteiner Text- und Sinneskunst, die fröhlich macht. Sie hoffe beim Publikum, so sagt sie, auf «offene Ohren und mutige Herzen» zu stoßen. Wenn Amina Abdulkadirspricht oder schreibt, so nimmt sie uns mit – oft gar in unser eigenes Herz.

1985 wurde Amina Abdulkadir geboren, in Mogadischu, Somalia. Als kleines Mädchen kam sie in die Schweiz. Schule war – erzählt sie – nicht so ganz ihr Ding, da gab es noch weit interessantere Themen, die ihrer Entdeckung harrten. Lehr- und Aktivzeiten verbrachte sie in der akademischen Welt, dann als Ergotherapeutin, um endlich da zu landen, wo sie hingehört: in der Kunst mit Worten und der Gestaltung.

 

UHA

 

Buch:

«Alles, nichts und beides» Kurzerzählungen 2015 Edition BAES.

www.abdulkadir.ch


Nouri Al-Jarrah

 Lebt in London

 

Nouri Al-Jarrah wurde 1956 in Damaskus geboren, ging 1981 zunächst in den Libanon, nach Beirut, später nach Zypern und lebt heute als Journalist in London. Er arbeitet für verschiedene arabische Zeitungen und Zeitschriften. Al-Jarrah hat sowohl eigene Gedichtbände vorgelegt als auch die Literaturzeitschrift Al-Katiba herausgegeben, von der bisher 15 Ausgaben erschienen sind. Er ist zudem Leiter des «Center for Arabic Geographical Literature-Exploration Prospects», einer in Abu Dhabi und London ansässigen, unabhängigen Institution, die Arbeiten zur historisch-relevanten arabischen Reiseliteratur publiziert. Bei allen Wandlungen, die seine Dichtung nicht zuletzt mit den geografischen Ortswechseln durchmachte, zeichnet sie sich durch eine Konstante aus: einer kindlichen Perspektive, im Sinne eines direkten, den äußeren Schein entlarvenden Blicks, der einen ganz eigenen Zugang zu Fragen der Dichtung, der Welt, der Liebe und der Zeit vermittelt.

 

Michael Zwenzner, Klangspuren

 

Bücher:

«الأعمال الشعرية

الكاملة صدرت له عن المؤسسة العربية للدراسات والنشر في مجلدين، سنة  Gesammelte Werke, 2 Bde.»; «Garten der Illusion» Gedichte 2006 herausgegeben von Fouad El-Auwad, zweisprachig Edition Orient; «حدائق هاملت – Die Gärten Hamlets» 2003; «Contesting

the Voice» 1988 Riad El-Rayyes Booksellers. 

 


Peter Bichsel

Lebt in Bellach bei Solothurn

 

Wie sagt man? «Ausnahmen bestätigen die Regel». Eines unserer Prinzipien war von Anfang an zu vermeiden, bereits eingeladene Schriftsteller und Schriftstellerinnen (wie es an so vielen anderen Literaturveranstaltungen leider Usus ist) wiederholt bei Sprachsalz zu engagieren. Er war an der ersten Sprachsalz-Ausgabe vertreten; unvergessen für uns und unser Publikum.

Im dreizehnten Jahr soll sich also die Regel bestätigen und deshalb wird – nachdem er auch schon der erste Überraschungsleser war, ja ... uns überhaupt auf die Idee für diesen Programmpunkt gebracht hatte – Peter Bichsel heuer ein weiteres Mal dabei sein. Wer seine Arbeit, seine Bücher kennt, wird diese – wie ich - immer wieder hervornehmen und sich neuerlich auf die Spurensuche nach dem Geheimnis der Kunst des Erzählen begeben; wer sich in sein Werk noch nicht vertieft hat, dem- oder derjenigen steht eine Leseerfahrung bevor wie ich sie nur mit der bei Daniil Charms oder vielleicht H.C. Artmann vergleichen möchte. Gleichzeitig stellt sich die Frage: Ist ein so unvergleichliches Werk tatsächlich vergleichbar? «Das Gestern kann man erzählen», sagt er, «ein Jetzt nicht». Wir lassen das Gestern von Sprachsalz wieder zu einem Jetzt werden, um nach dem Erzählen von unseren Anfängen nun auch davon zu berichten zu können, dass Bichsel im Jahr Dreizehn abermals beim Festival zu Gast war.

 

HDH

 

Bücher:

«Über das Wetter reden» 2015 Suhrkamp Verlag; «ImHafen von Bern» 2012 Radius Stuttgart; «Heute kommt Johnson nicht» Kolumnen2005 – 2008 2008 Suhrkamp Verlag; «Dezembergeschichten» 2007 Insel VerlagFrankfurt; «Doktor Schleyers isabellenfarbige Winterschule» Kolumnen 2000 – 20022003; «Zur Stadt Paris» Geschichten 1993 beide Suhrkamp Verlag; «Der Busant – VonTrinkern, Polizisten und der schönen Magelone» 1985 Luchterhand; «DesSchweizers Schweiz» Aufsätze 1969 Arche Zürich; «Eigentlich möchte Frau Blumden Milchmann kennenlernen» 1964 Walter Verlag Olten.

 


Udo Breger

Lebt in Basel

 

Gemeinsam mit Autoren wie Carl Weissner, Jörg Fauser, Rolf Dieter Brinkmann gehörte Udo Breger in den Siebzigerjahren zu jenen Autoren, die ihre Einflüsse vor allem von der nordamerikanischen Literatur bezogen. Er war Mitherausgeber bzw. Mitautor bei den legendären Underground-Magazinen «UFO» und «Gasoline», Gazetten mit enormer Impulskraft, auch wenn sie nur in kleinen Auflagen erschienen sind.

Eines seiner ersten publizierten Bücher (Erscheinungsjahr 1973) «Identity Express» erschien in der Caos Press und ist auch in englischer Sprache verfasst worden, ein Hinweis darauf, wie sehr er künstlerisch dem angloamerikanischen Kulturkreis verbunden ist. Breger war eng befreundet mit Brion Gysin (Erfinder der «dream machine») und William S. Burroughs (Leitfigur des literarischen Undergrounds in den USA, Breger hat auch die große Burroughs Ausstellung zum 100. Geburtstag des Autorsim ZKM in Karlsruhe zusammengestellt). Von beiden Autoren publizierte er Bücher als Gründer und Betreiber der «Expanded Media Editions».

In einem seiner Texte heißt es: «... und Leben heißt, man hat seine Sinne auf das Wahrnehmen des schlanken Augenblicks Gegenwart gerichtet ...» Das könnte auch als Motto für viele seiner literarischen Arbeiten dienen, bei denen häufig der Eindruck entsteht, als richte der Dichter seine Texte mehr an sich selbst und weniger an das Publikum. Seinen Lesern drängt er nichts auf und hebt sich so wohltuend von vielen «Dampfplauderern» ab.

 

ES

 

Bücher:

«Der Raketenberg» Dokumentation 1992; «20. Februar 1988» Prosa 1989 beide im Verlag PeterEngstler; «Identity Express» 1979 Caos Press.


Arno Camenisch

Lebt in Biel

 

Also wenn man sich einen Weltuntergang so vorstellen darf, dann ist’s ja halb so schlimm. Der Bündner Autor gab zu Protokoll, dass sein Buch «Ustrinkata» eine Art Untergangsroman sei. Nun, da geht schon was unter, nämlich die bäuerliche Bergwelt. Die Kneipe muss deshalb dicht und den Zweitwohnungen der gutverdienenden Unterländer Platz machen. Die Bar soll also leer getrunken werden. Und da sitzen sie am runden Tisch und tun ihr Bestes. Beim Lesen – oder auch beim Zuhören – wird es einem irgendwie wohlig und gruselig zugleich.

Camenischs Texte leben durch diese spezielle Tonart des Erzählens, wenn es um die ländlich bündnerische Sicht auf die Welt und das Leben darin geht. Michail Schischkin sagte einmal bei Sprachsalz, dass es keine russische Seele gäbe. Das mag ja wohl sein, aber eine bündnerische gibt es ganz bestimmt, und die macht Camenisch in seinen Büchern sichtbar. Sein Erzählton, seine Charaktere öffnen für den Lesenden die Schluchten und Täler, machen die Sicht frei auf die Menschen dort und ihre Anliegen. Er dreht regionale und vermeintlich hermetisch mikroweltliche Sorgen um und macht sie zum Weltschmerz unser aller. Hall, es bündnert!

 

UHA

 

Bücher:«Die Kur» 2015; «Nächster Halt Verlangen» 2014; «Fred und Franz» 2013; «Ustrinkata» 2012; «Hinter dem Bahnhof» 2010; «Sez Ner» 2010 alle bei Engeler Editor Solothurn.

 

www.arnocamenisch.ch

 

 


Francis Combes

Lebt in Paris


Man weiß ja ... berühmt zu sein ist eine relative Angelegenheit. Wer in Österreich als Berühmtheit gilt, den kann bereits im Bayrischen Bad Aibling kein Mensch mehr kennen (unlängst fragte mich doch jemand ernsthaft wer denn dieser John Cleese sei ...).

Francis Combes kennt man bestens in Frankreich, Italien, Amerika und verschiedenen arabischen Ländern - ich könnte behaupten, er ist berühmt. Hierzulande wird ihn wohl kaum jemand kennen. Hierzulande wird sein Name aber wohl kaum jemandem etwas sagen.

Wenn ich über die Qualität seiner Schreibarbeit rede, brauche ich hingegen nichts zu behaupten. Mich jedenfalls hat sie voll und ganz überzeugt. Jack Hirschman sprach von ihm (Jacks Tipps galten mir von jeher als beachtenswert) und Elias Schneitter und ich, wir trafen Francis Combes persönlich in Paris Ivry; dort leitet er, neben seiner schriftstellerischen Arbeit, auch die «Biennale internationale des poètes en Val-de Marne». Die Lektüre des im Reiher Verlag veröffentlichten Buches Erzählung «Maskenball auf Minitel. Eine moralische Erzählung» war dann sozusagen das i-Tüpfelchen im Wort Einladung. Ich mochte schon den ersten Satz: «Damals lebte ich in Hotelzimmern, aß im Fast-Food-Imbiss und ging früh zu Bett», leider ein an Seitenumfang viel zu schmaler Band. Neben Kostproben aus diesem wird er auch seine ins Deutsche übersetzten Gedichte lesen. Und

einmal mehr wird unser Publikum einen Berühmten zur Sammlung der hierzulande vermeintlich Unbekannten hinzufügen können.

 

HDH

Bücher:

«La France aux quatre vents» Gedichte 2015 Le Temps des Cerises éditeurs Montreuil; «Le vin des hirondelles» Gedichte 2011 Le Petit Pavé; «La Clef du monde est dans l'entrée à gauche» poêmes 2008; «La Romance de Marc et Leïla» roman-poème 2000; «Les Apologues de Jean Lafleur» Roman 1996 alle Le Temps des Cerises Montreuil; «Maskenball auf Minitel» 1991 Reiher Verlag Berlin. http://franciscombes.unblog.fr/


Delphine Coulin

+++ aktuelle Mitteilung: die Autorin Delphine Coulin ist leider erkrankt: Ihre Lesungen fallen aus.

Lebt in Paris

 

Die Geschichte von «Samba für Frankreich», so auch der Titel des Buches, ist eine Geschichte, die mehr und mehr Menschen betrifft, die in einem Europa leben, das seine Türen gegen Flüchtlinge zu sichern versucht. Sie handelt von einem Mann, der aus Mali nach Paris flüchtet und dort als Sans-Papier, als Zuwanderer ohne Aufenthaltsbewilligung, lebt. «Hatte er ein geringeres Anrecht darauf, hier zu leben? Von welcher Leidensschwelle an erhält man das Recht zu bleiben?», fragt sich Samba.

Erfolgreich wurde der Roman durch seine Verfilmung, unter Mitwirkung des fantastischen Omar Sy und Charlotte Gainsbourg. Der Film hat viel Humor und gibt einige der dramaturgischen Kniffe wieder, die die Autorin auch im Roman vorgibt. Dafür ist er ein gutes Stück härter als der Film und zeichnet nebst feinem Lächeln und poetischen Bildern auch die knallharte Realität in einer Art und Weise wieder, die einem die Möglichkeit gibt, sich in Sambas Situation hineinzuversetzen. Dabei wird die Hauptfigur keineswegs zum guten Menschen stilisiert oder einseitig überhöht. Das Buch stellt uns Europäern einige sehr unangenehme Fragen, die so lange aktuell sein werden, so lange es Menschen gibt, die nach Europa flüchten. Delphine Coulin weiß, wovon sie spricht: die Autorin und Filmregisseurin hat drei Jahre lang ehrenamtlich in einer Organisation gearbeitet, die sich um Flüchtlinge kümmert.

 

MK

 

Bücher:

«Samba für Frankreich» Roman 2015 Aufbau Verlag Berlin (übersetzt von Waltraud Schwarze); «Voir du pays» 2013 Éditions Grasset et Fasquelle Paris; «Samba pour la France» 2011; «Les mille-vies» 2008 beide Éditions du Seuil Paris; «Une seconde de plus» 2006; «Les Traces» beide Éditions Grasset et Fasquelle Paris.

 


Lizzie Doron

Lebt in Tel Aviv

 

Und wieder eine Schriftstellerin, die seit langem – und bislang vergeblich – auf meiner Einladungsliste stand. Nun jedoch – und vielleicht liegt es an der Dreizehn – reist sie endlich nach Hall. Nachdem ich ihren Roman «Ruhige Zeiten» gelesen hatte, war ich so begeistert, dass ich mich sofort daran machte, sie einzuladen: Nach etlichen Versuchen und Sprachsalzausgaben ohne ihre Anwesenheit begegnete ich ihr letztendlich persönlich in Basel und konnte sie überzeugen. «Österreich ... ja ... es gibt da Verbindungen nach Wien ... lange her ...», meinte sie. Mit im Reisegepäck zu Sprachsalz hat sie ihren aktuellen Roman «Who the Fuck Is Kafka», der von der fast unmöglichen Annäherung zwischen einer Israelin und einem Palästinenser erzählt. In dieser aberwitzigen Groteske wird keine Seite und also niemand geschont und das ist gut so. Wird einem bei der Lektüre doch immer mehr bewusst, wie verschwindend gering die Anzahl der Menschen ist, die anderen auch dann Respekt entgegenbringen, wenn diese in anderen Traditionen aufgewachsen sind und anders leben. Eine große Schriftstellerin mit Büchern, die einem zu denken geben (und Bücher zum Nachdenken geben so viel mehr als bloße Unterhaltungsliteratur). Es ist mir eine besondere Ehre, Lizzie Doron für drei Tage bei uns am Festival zu erleben.

 

HDH

 

Bücher:

«Who the Fuck Is Kafka» 2015 dtv Verlag München; «Das Schweigen meiner Mutter» 2011 dtv premium München; «Es war einmal eine Familie» 2009; «Der Anfang von etwas Schönem» 2007; «Ruhige Zeiten» 2005; «Warum bist du nicht vor dem Krieg gekommen» 2004 alle Jüdischer Verlag Frankfurt/Main.

 


John Giorno

Lebt in New York City

 

Jede Kunstrichtung hat auch geografisch ihre kreativen Kraftfelder. Bei der Beat- und Popkunst ist New York City mit Manhattan so ein Zentrum, und seit den Anfängen dieser Bewegung gehört John Giorno zu den wichtigsten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Pop Art. Die Entwicklung neuer Formen der Kunst-Präsentation stand stets im Mittelpunkt von Giornos künstlerischer Tätigkeit. So gilt er als Begründer der Performance Poetry, ebenso wie die «T-Shirt Poems», «Window Curtain Poems», «Flag Poems», «Chocolate Bar Poems» auf seine Initiativen zurückgehen. Er hat mit vielen Pop Art-Größen (Warhol, Rauschenberg, Glass, Mapplethorpe) eng zusammengearbeitet. Wichtig war ihm immer das Spiel mit den Mitteln der Massenkommunikation. So installierte er 1974 das Projekt «Dial-A-Poem» im Museum of Modern Art in New York: Er ließ im Eingangsbereich Telefonautomaten aufstellen, in denen die Besucher Gedichte abrufen konnten. Teilweise waren darunter angeblich so subversive Texte, dass das FBI diese Aktion stoppen ließ. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Giorno als «Schläfer» im Film «Sleep» von Andy Warhol bekannt. Der Streifen hat Giorno über acht Stunden beim Schlafen aufgezeichnet.

 

ES

 

Bücher:

«Jeder wird leichter» Gedichte 2007 Stadtlichter Presse; «Subduing Demons in America, selected poems 1962 – 2007» 2008 Soft Skull Press.

www.johngiorno.net

 


Thomas Kunst

Lebt in Leipzig

 

Sein erstes Gedicht habe er, so Thomas Kunst, und zwar weil er sich langweilte, in den Winterferien geschrieben. Es war ein Sommergedicht. Und er war siebzehn. Inzwischen sind einige Jahre ins Land gegangen und viele Gedichte mehr geschrieben und veröffentlicht worden – und zwar mit dem «schönen Gift gegen die Mickrigkeit» wie Feridun Zaimoglu seinem Kollegen bescheinigt. «Ich werde nie wieder mit Eichhörnchen und Schiffen unangemeldet vor deiner Haustüre stehen, nie mehr (…)», so beginnt ein Text und steht für die Haltung Kunsts, lieber ein Leben lang Liebes- und Tiergedichte zu schreiben als «bildungsgesättigte, traditionsbemühte, wissenschaftsanbiedernde und dechiffrierte Themen» wiederzukäuen.

Der Dichter Kunst, so der Berliner Tagesspiegel, «geht aufs Ganze. Dafür sollte man ihn lesen, den sich durchs Leben wie ein Rock’n’Roll tanzender Petrarca schlagenden Vollblutpoeten». Der Name ist Programm.

 

UW

 

Bücher:

«Freie Folge» Roman erscheint im September 2015 Jung und Jung Salzburg; «Kunst. Gedichte 1984 – 2014» 2015 edition Azur Dresden; «Legende vom Abholen. Gedichte» 2011 Edition Rugerup.

 

www.thomaskunst.de

 


Walter Pilar

Lebt in Linz

 

1000 Seiten «Lebenssee», auf drei Bände verteilt, das ist das beeindruckende Werk von Walter Pilar, dem Sprachkünstler und Wörterjongleur, der seine Heimat bis ins kleinste Detail auseinandernimmt und sie neu zusammensetzt, dass den Lesern und Hörern hie und da ganz schwindelig zu werden droht. In Pilars Arbeiten mutiert das, was wir zu oft und zu gerne als «Heimat» bezeichnen, zu einem mitunter grotesken Kosmos, zu einer Unter- bzw. Gegenwelt von berauschender Schön- und Gefährlichkeit. Der «Lebenssee» von Pilar lädt nicht zum Schwimmen ein, eher zum Angeln von Wortfischen, zum geduldigen Warten darauf, dass irgendwann doch wohl noch ein Fisch anbeißt. Und wenn der Autor selbst zum Text wird, wenn der Mensch Sprache wird und ist, dann wissen wir, dass wir bei der Lesung eines der bemerkenswertesten Autoren unserer Breitengrade sind. Das Salz der Kunst ist Pilar in die Wiege oder sonst wohin gelegt worden, und es wird uns eine Freude sein, einen oberösterreichischen Tiroler hier bei Sprachsalz begrüßen zu dürfen. «Wandelalter» heißt der bisher letzte «Lebenssee»-Band. Wandel-Walter ist ein gutes Motto für einen, der nicht ausgezogen ist, um die Welt zu erobern, sondern sie in ein einzigartiges Wörtermosaik seiner Texte eingesogen hat.

 

PG

 

Bücher:

«Lebenssee ~~~ Wandelalter» 2015; «W.P. in Krumau & anderswo: Achsen des Augenblicks» 2007; «Lebenssee ~~ Gerade Regenbögen» 2002; «Lebenssee ~ Eine skurreale Entwicklungsromanesque» 1996 alle Ritter Verlag.

 


Thomas Schafferer

Lebt in Pfons

 

Wichtig ist, was wichtig wird im Laufe der Zeit und demzufolge dann bleiben wird. Wichtig ist nicht, im «Rampenlicht» zu stehen; selbst wenn es vordergründig stets danach aussieht oder so genannte Torwächter unentwegt bestrebt sind, es für «die Gläubigen» so aussehen zu lassen. Rampenlicht wird künstlich erzeugt und die Lampen, welche jene im Rampenlicht beleuchten, brennen zumeist schnell durch. Thomas Schafferer leuchtet mit seiner Arbeit und seinem Enthusiasmus für Literatur stets dorthin, wo das Rampenlicht nicht hinreicht und demnach die Germanistik oft nichts mehr zu sehen/erkennen vermag.

Er hat, neben seines ständig umfangreicher werdenden eigenen literarischen Werks, die heimische Literaturzeitschrift «Cognac & Biskotten» gegründet und weiterentwickelt, mit der er viel mehr geleistet hat und noch leistet, als dass ihm der Literaturbetrieb zugestehen möchte. Sowohl als Schreibender als auch als Mensch ist er keiner, der die Ellbogenhaltung auf Verbreiterung stellt, sobald irgendein neuer Preis – und die Gelegenheit einer «Preisergatterung» – am heimischen Subventionshorizont auftaucht. Wenn der Thomas Ausschau hält, dann macht er einen «langen Hals» für Neues/Interessantes, über das es zu schreiben gilt: Das habe ich immer schon an ihm geschätzt. Und ich mochte immer schon seine Bescheidenheit. Und die Freude, wenn ihm Erfolge wie jene mit «jenseits von luxemburg» oder «differdange liegt am meer» gelingen. Und mich freut es, dass er heuer bei Sprachsalz als unser traditioneller Tiroler Eröffnungsautor zu sehen/hören/erleben ist, begleitet vom Musiker Wolfgang Peer.

 

HDH

 

Bücher:

«Jenseits von luxemburg» lyrischer Roman 2015 Differdange Luxemburg; «500 polaroids einer reise durch europa» 2015 Verlag TAK Innsbruck; «differdange liegt am meer» 74 Gedichte 2014 Differdange Éditions Phi Luxemburg; «fujyama hinter den dächern» Gedicht-Bild-Band 2008 Edition BAES Zirl; «postlagernd» 2006 Edition BAES Zirl; «365 tage(buch)» 2005 TAK Innsbruck.

 

www.schafferer.net

 

 


Ralf Schlatter

Lebt in Zürich

 

Wie lange könnten Sie aus Ihrem eigenen Leben berichten? Dieser Frage muss sich der Protagonist in Ralf Schlatters Roman «Sagte Liesegang» stellen, der im Himmel das Versprechen erhält, ins irdische Leben zurückkehren zu dürfen, von begrenzter Dauer zwar, aber immerhin so lange, wie er braucht, sein Leben einem Engel zu erzählen. Woher nimmt dieser in Schaffhausen geborene Autor solche Ideen? Vielleicht weil er so vielseitig in der Kultur- und Literaturszene unterwegs war: als Hörspielautor, Journalist, Kabarettist, Lyriker, Kolumnist und eben Romancier. Er studierte Geschichte und Germanistik in Zürich und Spanien, arbeitete in Kulturredaktionen des Schweizer Fernsehens und tritt zusammen mit Anna-Katharina Rickert mit dem Kabarett-Duo «schön & gut» auf, das unter anderem mit dem «Salzburger Stier» ausgezeichnet wurde.Als wir ihn nach Hall einluden, schlug er vor, den Musiker und Geschichtenerzähler Michael Wernli mitzubringen. Wir hörten hin und waren begeistert. Freuen Sie sich auf Wort (Schlatter) und Klang (Wernli).

 

UHA

 

Bücher:

«Maliaño stelle ich mir auf einem Hügel vor» Erzählung 2015 Neuauflage; «Sagte Liesegang» Roman 2013 Limbus Innsbruck; «König der Welt» Gedichte 2012 Wolfbach Zürich; «Verzettelt – Verlorene Worte und ihre Geschichten» 2008 Christoph Merian Basel. CD’s von Michael Wernli: «Wätterpricht – eine Weltuntergangsfantasie» 2012 Ledermann/Wernli; «Roserot» 2009.

 

www.ralfschlatter.ch

 


Georg Stefan Troller

Lebt in Paris

 

Wien liebendes Wienerkind. Ausgetrieben von den Nazis. Amisoldat. Ungeliebter Wien-Heimkehrer. Student in Los Angeles. Student in Paris. Dort geblieben, bis heute. Medienpionier mit über 2.000 Rundfunkreportagen für alle deutschsprachigen Sender. 50 Folgen «Pariser Journal» von 1962 bis 1971 für den WDR. 75 Folgen «Personenbeschreibung» von 1972 bis 1994 für das ZDF – Kultsendung über bekannte und unbekannte Überlebende wie er selbst einer ist – z. B. über Peter Handke, Liv Ullmann, Charles Bukowski, Melina Mercouri, Leonard Cohen. Den Off-Kommentar spricht er selbst, er hat eine Stimme wie Gott persönlich. Österreich ruft ihn nicht. Doch, einer ruft ihn endlich: Axel Corti. Fünf Filme entstehen nach Drehbüchern von Troller: «Ein junger Mann aus dem Innviertel – Adolf Hitler», «Der junge Freud» und – nach der Autobiografie «Selbstbeschreibung» – die Trilogie «An uns glaubt Gott nicht mehr», «Santa Fe» und «Welcome in Vienna»; der letzte Teil läuft viele Monate in einem Pariser Kino. Und viele Bücher folgen. Aber Wien ruft ihn nicht.

Georg Stefan Troller: ein gütiger Menschensammler, ein zorniger Weiser, zu Lebzeiten schon eine Legende. Und jetzt bei Sprachsalz zu Besuch!

 

Felix Mitterer

 

Bücher:

«Mit meiner Schreibmaschine» 2014 Edition Memoria Hürth bei Köln; «Das fidele Grab an der Donau» 2013 Ueberreuter Wien; «Selbstbeschreibung» Autobiographie 2009 Artemis & Winkler Düsseldorf; «Pariser Esprit» 2010 Anaconda Köln; «Vogelzug zu anderen Planeten» 2011 Rauch Düsseldorf. Und viele mehr, unter anderem auch zahlreiche Drehbücher.

 


Joachim Zelter

Lebt in Tübingen

 

Vielleicht liegt es an seinem unprätentiösen Auftreten, dass Joachim Zelter – trotz seiner Romane, die das Dutzend übersteigen und der zahlreichen Bühnenstücke – noch immer ein Geheimtipp ist. Daran änderte auch die Nominierung zum Deutschen Buchpreis nichts und auch nicht die vielen Auszeichnungen, die er bereits erhielt. Ob er über die Begegnung eines Lehrers mit seinem ehemaligen Lieblingsschüler schreibt, wie in seinem aktuellen Buch «Wiedersehen» oder Heinrichs Mann «Untertan» als «untertan» neu erzählt, seine Feder ist zeitlos, spitz, satirisch und frech. «Zelter, dessen Bücher von ihrem humoristisch-ironischen Ton leben, überzeichnet seine Figuren so gnadenlos und zugleich, als würde ein Karikaturist lediglich einen ganz groben Bleistift zur Verfügung haben, dabei aber durchaus seinen eleganten Stil bewahren wollen – das ist intendiert und ergibt einen schönen befremdlichen Effekt.», so Ulrich Rüdenauer in der «Süddeutschen Zeitung».

Und zum großen Glück seiner Zuhörer ist Joachim Zelter nicht nur ein Meister der geschliffenen Sätze, sondern brilliert auch als Vorleser seiner Romane.

 

UW

 

Bücher:

«Wiedersehen» 2015; «Einen Blick werfen» Literaturnovelle 2013; «untertan» Roman alle bei Klöpfer & Meyer Tübingen.

 

www.joachimzelter.de

 


Sprachsalz-Spezial: zu Jandls 90. Geburtstag!

Den Abschluss von Sprachsalz widmen wir heuer einem, der den 90. Geburtstag feiern würde, wenn er noch unter uns wäre: Ernst Jandl, der österreichische Doyen der Lautgedichte und der Sprachexperimente. Deshalb laden wir Ariela Sarbacher, Thomas Sarbacher, Petra Ronner und Peter Schweiger mit «szenen aus dem wirklichen leben/ Die Humanisten» von Ernst Jandl ein, uns den Sprachsalz-Schluss zu versüßen und für den Meister des Sprachspiels ein würdiges Jubiläum zu feiern. Der Inhalt des Stücks «Die Humanisten" ist zutiefst österreichisch: Zwei Nobelpreisträger begegnen sich: «Einer eine „universitäten professor kapazität von den deutschen geschichten“, der andere ein “gross deutschen und inder national kunstler„. Ihre Verbrüderung ist deutlich geprägt von Elitebewusstsein, Nationalismus und Chauvinismus –bis sie selbst Opfer der Nazis werden. Jandl versteht sein Konversationsstück, das in einer Sprechweise ohne Konjugationen gesprochen wird, als «eine Art Endspiel»: Es entlässt die Zuschauer aus dem Theater ins Nicht-Theater ihrer Welt, und mühsam sollen sie dort ihr eigenes Sprechen wiederfinden», so der Waschzettel des Rowohlt Theater Verlages. Eingebettet sind Jandls «Die Humanisten» in seine «szenen aus dem wirklichen leben» (mit Musik von Ernst Kölz). Diese beiden Teile des Abschlusses von Sprachsalz fügen Musik und Wort zu einem neuen Ganzen zusammen. Die «heruntergekommene» Sprache Jandls, die durch ihre hartnäckige Selbsthinterfragung, ihre Neologismen und einer gewandelten Schreib- und Sprechweise der Musik näher steht als der Literatur, trägt dazu maßgeblich bei.

 

Es sprechen: Petra Ronner, Peter Schweiger, Ariela und Thomas Sarbacher.

 

MK, PS


Der Überraschungsgast

Ist wie jedes Jahr jemand, den sich das Organisatorenteam WIEDER einlädt als Geschenk an das Publikum. Bei Sprachsalz gibt es sonst bisher keine Wiederholungen, Autoren und Autorinnen kommen nur ein Mal offiziell, danach nur als eben - Überraschunsgast. Und über die Jahre scheint diese Lesung so was wie ein Geheimtipp für Sprachsalz-Besucher zu sein, jedenfalls ist sie immer wieder rappelvoll. Wer wird es diesmal sein?

 

Der Überraschunsgast liest am Sonntag um 13 Uhr im Parkhotel  (Saal 1 oder Terrasse).